Trauer um Pfarrerin Dorothea Schweizer
Ich gedenke Dorothea Schweizers, die 1975 als erste deutsche protestantische Missionarin nach Korea entsandt worden war. Sie war vor allem am Korea Theological Study Institute (KTSI), in der Galiläa-Gemeinde mit der Vereinigung entlassener christlicher Professoren, die sich in der Hanbit-Kirche versammelte, beim Donnerstagsgebet für die politischen Gefangenen, bei Demonstrationen mit deren Familienangehörigen und in Slums aktiv, also an Orten des Leidens für das koreanische Volk in den 1970er und -80er Jahren. Sie war zutiefst berührt vom Mut der Christen, die gegen die Unterdrückung durch die Militärdiktatur in Korea tapfer Widerstand leisteten.
Sie war auch maßgeblich an der Übersetzung deutscher Theologie ins Koreanische und der Minjung-Theologie ins Deutsche beteiligt. Die finanzielle Unterstützung für das KTSI und das Missionsbildungsinstitut (gegründet auf Initiative von Prof. AHN Byung-Mu) wurde durch ihre akribische Schreibarbeit und zahlreiche Korrespondenz sichergestellt. Diese Einrichtungen waren, neben Gefängniserfahrungen, der Nährboden für die Minjung-Theologie in Korea. Schweizer war eine wichtige Geburts- und Entwicklungshelferin dafür.
Sie hat außerdem AHN Byung-Mu geholfen, die koreanische Diakonia- Schwesternschaft (KDS) zu gründen. Durch ihre Vermittlung kam Schwester Albertine von der schweizerischen Kommunität von Grandchamp, um Kandidatinnen zu schulen. Die KDS trat 1983 dem Kaiserswerther DIAKONIA Weltbund bei und pflegte rege Kontakte auch mit dem Mutterhaus der Lazarus-Diakonie in Berlin. An solchen internationalen Kontakten, die das Gemeinschaftsleben sehr bereicherten, hat Schweizer helfend mitgewirkt. Mit großem Interesse hat sie die weitere Entwicklung der KDS verfolgt und mit den Schwestern engen Kontakt gehalten.
Wichtiger Teil ihrer Beziehung zu Korea war auch die zu Pastor LEE Hae Dong und seiner Frau und zur Hanbit-Gemeinde. Schweizer wurde Mitglied der Gemeinde, und das Pastorenehepaar wurde für sie wie eine Familie.
Nach der Erklärung zur Rettung der Demokratie in der Myoungdong-Kathedrale am 1. März 1976 war die Pfarrfrau LEE Jong-Ok für die Inhaftierten aktiv tätig und half Schweizer dabei, sich der Frauenkampfgemeinschaft für Demokratie und Menschenrechte anzuschließen, zu der u.a. LEE Hee-Ho, die Frau von Oppositionsführer KIM Dae-Jung, gehörte. Diese solidarische Kampfgemeinschaft der Frauen war nach dem Vorfall der sogenannten KIM Dae-Jung Verschwörung vom Mai 1980 weiter aktiv. Für Schweizer wurde sie zu einer wichtigen Informationsquelle über die aktuelle politische Situation, um den politisch unterdrückten Kirchenleuten und den Intellektuellen im Widerstand helfen zu können.
Unter der Yushin-Diktatur und dem neuen Militärregime wurden viele Dissidenten inhaftiert. Schweizer hat die deutsche Kirche um finanzielle Hilfe gebeten, um sie und ihre Familien zu unterstützen. Auch viele soziale Projekte wie die Urban Industrial Mission und das Bildungsgebäude der Hanbit-Gemeinde wurden durch Schweizers Vermittlung von der deutschen Kirche finanziell gefördert.
Die Missionarin Dorothea Schweizer hat Korea sehr geliebt und in einer überaus harten Zeit so viel für uns getan. Wir sind Gott von Herzen dankbar, dass er uns solch einen wunderbaren Menschen geschickt hat.
Dr. phil. HAN Unsuk
Fellow of Center for Korean Studies Tuebingen
Den Nachruf im Namen von EMS, BMDZ und DOAM finden sie am Ende des initialen Nachrufs auf doam.org:
doam.org/125-blog/5464-die-doam-trauert-um-dorothea-schweizer
Lesenswert ist auch ihr Artikel für die mission21-Nachrichten:
doam.org/images/partner/aunae/dschweizer_ein_leben.pdf