Zur Anti-Yasukuni-Aktion in Deutschland

Der lange Schatten des Yasukuni-Schreins
Symposium in Berlin und Heidelberg, Mai 2015
Deutsch, Japanisch & Koreanisch
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Zur Anti-Yasukuni-Aktion in Deutschland 2015
Dr. KIDO Eiichi, Osaka/Kyoto


Ein Jahr, bevor sich das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Zusammenbruch des "Großjapanischen Kaiserreiches“ zum 70. Mal jährt, wachst die Spannung in Ostasien wie nie zuvor. Wachsende Einflussnahme der Politiker, die die Glorie des “Großjapanischen Kaiserreiches“ beschworen, und die Zunahme des Geschichtsrevisionismus rufen unter den ostasiatischen Völkern, die damals den Angriff und die Kolonialherrschaft Japans erlebten, Ablehnung hervor. Die Abrechnung mit der Vergangenheit, die ohnehin wesentlich unzulänglicher als in Deutschland ist, ist noch schwieriger geworden. Nationalistische Parolen werden immer lauter. Unaufhörlich geht das Wettrüsten weiter. Wie in anderen Regionen der Welt bringt der Neoliberalismus durch Verwachsen von Staat und multinationalem Megakapital auch hier die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, Verschärfung der Armut, Entfremdung von Menschen und die Aushöhlung der Demokratie mit sich. Militarisierung, Gewalt, Kriegsverherrlichung und Chauvinismus werden geschürt. Die Tendenz von Medienmanipulation, Polizeistaat und Überwachungsgesellschaft ist auch immer mehr zu spüren.

Am 26. Dezember 2013 hat der japanische Premierminister Shinzō ABE den Yasukuni-Schrein besucht. Trotz aller Kritik nicht nur aus Nachbarländern sondern auch aus Europa und den USA zeigt er seine Beharrlichkeit an diesem geistigen Hort des japanischen Militarismus, indem er am 21. April 2014 eine Opfergabe für das Frühlingsfest dem Schrein schenkte.

Eine Reihe dieser Handlungen hat nicht nur mit dem Geschichtsrevisionismus zu tun, der die kolonialistisch-imperialistische Vergangenheit des "Großjapanischen Kaiserreiches" rechtfertigt. Für die Rechtsnationalisten, die den ”Regimewechsel“ zum Tennō als Staatsoberhaupt, Einschränkung der Bürgerrechte und Schaffung der "Landesverteidigungstruppen (Kokubō·Gun)" verwirklichen wollen, ist der Yasukuni-Schrein eine unverzichtbare Anlage, nicht nur um an die Glorie des "Großjapanischen Kaiserreiches“ zu erinnern, sondern auch um künftig, erst Mal noch ohne Verfassungsänderung aber im Namen der ”kollektiven Verteidigung“ produzierte Kriegsgefallene zu verehren.

Trotz des religiösen Aussehens ist der Yasukuni-Schrein eine Militäranlage, um Offiziere und Soldaten, die das Leben für den Tennō geopfert haben, samt zwangsmobilisierten und getöteten Koreanern und Taiwanesen als "Heldenseelen“ und ”Kriegsgötter“ zu verehren, nicht um Kriegstote zu betrauern. Er ermöglichte es, den entschlossenen ”Ehrentod” zu glorifizieren, ein wesentliches Element der psychologischen Kriegsführung. Während das Innenministerium vor 1945 für Schreine und Tempel zuständig war, waren für den Yasukuni das Heeres- und das Marineministerium zuständig. Die Betriebskosten des Yasukuni wurden vom Militärbudget ausgegeben. Das Kriegsmuseum "Yushukan“, das zum Yasukuni gehört, feiert den damaligen Angriffskrieg als ”Verteidigungskrieg für das selbständige Dasein“ und als "heiligen Krieg für die Befreiung Asiens“.

Angesichts der Religionsunterdrückungen vor und während des Zweiten Weltkrieges sind nicht wenige Bürger innerhalb und außerhalb Japans gegen die Rehabilitierung des Staatsshintoismus, die der offizielle Yasukuni-Besuch eines Ministerpräsidenten symbolisiert. Es geht um die Glaubensfreiheit, die Trennung von Staat und Religion und den Frieden in Japan und Asien. Der Nationale Christenrat in Japan (NCCJ), bei dem seit 1967 der Ausschuss für die Problematik des Yasukuni-Schreins tätig ist, hat gleich nach dem Yasukuni-Besuch von Abe dem Ministerpräsidenten seinen Protest erklärt.

Die Geschichtsklitterung durch die Staatsgewalt wird von den Graswurzelchauvinisten und -militaristen, die die Bürgerrechte der in Japan lebenden ethnische Minderheiten ablehnen, fanatisch unterstützt. Sie haben am 20. April, dem 125. "Führergeburtstag", neben der japanischen Nationalfahne große Hakenkreuzfahnen gehisst. Sie haben die Realisierung der "Großostasiatischen Wohlstandssphäre“ die in der Kriegszeit propagiert wurde, gefordert und das damals mit Japan paktierende NS-Deutschland laut gelobt. Das ist eine Reaktion an der Basis darauf, dass der Vize-Premier Taro ASO am 29. Juli 2013 forderte, in der Verfassungsfrage von den Nationalsozialisten zu lernen. Das militaristische Japan war ein wichtiger Bündnispartner für NS-Deutschland. Hitler beneidete Japan um den Staatsshintoismus, durch den die Bevölkerung ihr Leben für den Tennō willig opferte. Die Vertreter des NS-Deutschland besuchten den Yasukuni-Schrein. Auf dessen Gelände steht heute eine deutsche Eiche, die am 12. Januar 1970 zu Ehren der gefallenen japanischen Soldaten von Generalleutnant Johannes Steinhoff, dem Inspekteur der westdeutschen Luftwaffe, gepflanzt wurde. Die Anfrage, die der Bundestagsabgeordnete Paul Schäfer (Die Linke) gestellt hatte, beantwortete die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP) nicht besonders seriös, nach dem Motto: ”Vorbei ist vorbei.“

Aber der deutschen Öffentlichkeit dürfte es auf keinen Fall gleichgültig sein, dass der Nationalsozialismus beim ehemaligen Verbündeten Japan, durch den Yasukuni-Schrein als Sprungbrett offensichtlich rehabilitiert ist. Am 14. August 2010 besuchten die Vertreter der europäischen Rechten wie Jean-Marie Le Pen vom französischen Front National, Franz Obermayr von der FPÖ, Adam Walker von der British National Party (GB), Krisztina Morvai von Jobbik (Ungarn) und Philip Claeys von Vlaams Belang (Belgien) diesen Schrein. Insofern kann man das Yasukuni-Problem nicht als eine ostasiatische Regionalfrage unterschätzen.

Wie sollte man die Kriegsopfer im Asien-Pazifischen Krieg 1931-1945 betrauern? Sollte das im Rahmen des Nationalstaates geschehen? Ob der Gegenstand der Trauer auf Soldaten und Zivilangestellte beim Militär eingeschränkt werden soll? Wie kann man überhaupt die Versöhnung in Ostasien und die Aussicht zur kooperativen Zukunft wie eine ”Ostasiatische Gemeinschaft“ erreichen? Auch in dem Sinne, der weltweit wachsenden Militarisierung zu widerstehen, ist es von großer Bedeutung, den immer wieder zu Ultranationalismus und Gewalt aufhetzenden Yasukuni-Schrein in Deutschland zu thematisieren. Es geht darum, die Wahrheit von Yasukuni aufzuklären und die Stimmen der Hinterbliebenen der Opfer hörbar zu machen.

Als ”Anti-Yasukuni-Aktion in Deutschland“ werden am 9. und 10. Mai 2015, unmittelbar nach dem 70. Jahrestag des Kriegsendes in Europa, ein Symposium mit Gästen aus Japan, Südkorea und Taiwan, die mit dieser Problematik beschäftigt sind, Zeugenaussagen der Hinterbliebenen, Filmaufführungen, Ausstellungen, Performances und Kundgebungen geplant. Diese Aktion ist ein Teil der internationalen Friedensbewegung. Ihr Ergebnis wird an die "ostasiatische gemeinsame Anti-Yasukuni-Aktion“ im August 2015 in Japan angekoppelt.