2015: Befreiungsschlagversuche

Die Verfassung Japans.  Artikel 9 der Friedensverfassung
Source:  The Japan Times, mApril 14, 2015
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Vergleiche auch:  Confessions of a foreign correspondent  |  Japan's prickly revisionists

Befreiungsschlagsversuche gegen die Schatten der Vergangenheit

Eiichi Kido

Zum 50. Jahrestag nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte Japan Glück, weil ein Sozialdemokrat Ministerpräsident war. Tomiichi Murayama, der eine Koalitionsregierung mit der Liberal-Demokratischen Partei leitete, veröffentlichte am 15. August 1995 eine Erklärung, in der er sich für Krieg und Kolonialherrschaft bei den asiatischen Nachbarländern eindeutig entschuldigte. Diese Murayama-Erklärung war ein Zeichen, dass sich Japan, wenn auch zögerlich, auf die Versöhnung mit den Nachbarstaaten orientierte.

20 Jahre danach geht die Administration von Shinzô Abe fieberhaft auf den geschichtsrevisionistischen Kurs. Abe, Enkelsohn des Kriegsverbrechers, Nobusuke Kishi, der die Zwangsarbeit aus Korea und China organisiert hatte, lehnt die „selbstanklägerische Geschichtsauffassung“ strikt ab. 2001 machte er als Vizeregierungssprecher auf den öffentlichen Sender NHK massiven Druck, so dass kein kritisches Programm zur „Trostfrauen“-Problematik gemacht werden würde.

Seine erste Administration hat Ende 2006 das Rahmengesetz für Erziehung völlig geändert, um die „Vaterlandsliebe“ der Schulkinder zu fördern. Seine zweite Administration feierte am 12. März 2013 den „Tag der Wiederherstellung der Souveränität“, um die Bedeutung der unter der Besatzung der Alliierten durchgeführten demokratischen Reformen zu relativieren.

Bald kommt der 70. Jahrestag nach dem Kriegsende. Offensichtlich hat Abe die Absicht, das Wesen der Murayama-Erklärung zu verwässern und sogar zu revidieren. Eine der LDP-Führer signalisierte die Bereitschaft, das Tokioter Kriegsverbrechertribunal abzulehnen, weil das dem Rückwirkungsverbot widersprochen hatte. Am 25. Februar setzte Abe eine „Expertenkommission“ als Deckmäntelchen für seine Erklärung ein, die die damalige Invasion leugnen und seine Militarisierungspolitik rechtfertigen würde.

Die Besorgnis im In- und Ausland ist groß, zumal die japanischen Medien mehr oder weniger regierungskonform sind. Der Bericht von Congressional Research Service der US-Kongressbibliothek vom 13. Januar warnte, dass Abe eine geschichtsrevisionistische Erklärung veröffentlichen könnte. Der Ökumenische Rat der Kirchen (WCC) forderte im offenen Brief an Abe am 16. Januar, die Regierungserklärungen, die die historischen Missstände der Nachbarländer angehen, einzuhalten. Am 5. Februar kritisierten 19 US-Historiker die japanische Regierung, die versuchte, im Bezug auf „Trostfrauen“-Problematik den Wortlaut eines US-Schulbuches zu revidieren. Der am 25. Februar veröffentlichte Jahresbericht von Amnesty International kritisierte die japanische Geschichtspolitik, die als Verleugnung der Verantwortung der damaligen Regierung verstanden werden kann und dadurch die Spannung mit den Nachbarländern zuspitzt.

Für Versöhnung und Frieden in Ostasien sollte Japan den Geist der Murayama-Erklärung nicht nur erben sondern auch dementsprechend agieren. Es kommt gar nicht in Frage, dass der Ministerpräsident den geistigen Hort des japanischen Militarismus, den Yasukuni-Schrein, provokativ besucht. Zur „Trostfrauen“-Problematik sollte Japan endlich einen Schritt machen, um den Opfern ihre Würde zurückzugeben. Außerdem sollte es aufhören, rassistische Hassparolen gegen Nachbarstaaten zu dulden und sogar heimlich zu fördern.

(Februar 2015)







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