2018: Sicherheit neu denken
Evangelische Landeskirche in Baden. Kirche des Friedens werden.
Sicherheit neu denken – von der militärischen zur zivilen Sicherheitspolitik.
Ein Szenario bis 2040
von Christoph Schneider-Harpprecht
"...die militärische Sicherheitspolitik steckt in einer Sackgasse. Die Phase der Entspannung nach dem Fall der Berliner Mauer, der Öffnung der Staaten des Ostblocks und der Auflösung der Sowjetunion ist zu Ende. Eine neue Phase militärischer Hochrüstung hat begonnen. Die NATO-Staaten stehen unter dem Druck, ihr Militärbudget auf 2% des Bruttosozialprodukts zu erhöhen. Die USA und Russland modernisieren und verstärken ihre Atomwaffenarsenale. Mit anderen NATO-Partnern ist Deutschland seit Jahren in militärische Auslandseinsätze verwickelt. Der Einsatz in Afghanistan dauert seit 2001 nun 17 Jahre an, hat zahlreiche Menschenleben gekostet und nicht dazu geführt, dass sich die Lage in dem Land normalisiert hat. Der Krieg in Syrien geht weiter und zwingt Millionen Menschen zur Flucht mit entsprechenden politischen Spannungen in den Ländern Europas und einem Erstarken rechter Bewegungen. Kriegerische Auseinandersetzungen wie der Einmarsch der Türkei in Syrien, um die mit den USA im Kampf gegen den sog. Islamischen Staat verbündete und mit deutschen Waffen ausgerüstete Kurdenmiliz YPG zu stoppen beim Aufbau eines Kurdenstaates, führen zu Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen mitten in Deutschland...."
"Als Alternative zur Sicherheitslogik präsentiert die Studie einen friedenslogischen Ansatz, den Hanne Margret Birckenbach so beschreibt: „Frieden zu schaffen und das heißt Beziehungen zu ermöglichen, in der(? denen) Gewalt unmöglich wird, weil Kooperation gelingt“.3
Wer so denkt und damit rechnet, dass gewaltfreie Kooperation in der Lage ist, Frieden, gesellschaftliche und politische Stabilität besser zu gewährleisten als der Einsatz von militärischer Gewalt, scheint auszugreifen ins Land der Utopie. Das ist riskant und schnell begegnet einem der Einwand, man sei ein weltfremder Träumer. Die Kirchen sollten die Finger von der Politik lassen und bei ihrem Leisten bleiben. Dieses Denken scheint grundlegende anthropologische Prämissen auch der christlichen Tradition in Frage zu stellen. „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf“ (Gen. 8,21). Um dem zu steuern wurde die Anwendung von Gewalt durch den Staat, eben auch militärischer Gewalt als legitimes Mittel angesehen. Militärische Gewalt sollte zumindest als ultima ratio der staatlichen Notwehr unter bestimmten Bedingungen anerkannt werden. Der friedenslogische Ansatz tritt nun dafür ein, zu sagen: gewaltfreie Kooperation ist das wirksamere Mittel der Politik, um die Aufgabe des Staates, dem Bösen zu steuern, wahrzunehmen. Was utopisch klingt, ist die bessere und sinnvollere politische Alternative.
Die Friedenslogik hat eine lange Ahnenreihe. Ich erwähne hier nur den christlichen Humanisten Erasmus von Rotterdam, Immanuel Kant, Martin Luther King und auch Papst Franziskus...."