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TING Kuang Hsun - sein Beitrag zu einer eigenständigen chinesischen Theologie

Bischof TING Kuang Hsun

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Winfried Glüer

Beitrag zu einer eigenständigen chinesischen Theologie: Ting Kuang Hsun

 

Seit bald einhundert Jahren suchen protestantische Theologen in China nach einem genuin chinesischen Ausdruck des theologischen Denkens. Die Arbeiten von Chao Tsu ch'en (Zhao Zichen), Wu Lei Ch'uan (Wu Leichuan), Hsü Pao Ch'ien (Xu Baoqian) aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts geben dafür ein beredtes Zeugnis. Nach 1949 fanden sie jedoch in der chinesischen Kirche keine Beachtung. Erst jetzt regt sich wiederum ein Interesse an ihrer Arbeit.

In der Volksrepublik China hatte die Kirche auf die Bedingungen des „Neuen China" einzugehen, wie sie 1950 in dem „Christlichen Manifest" festgeschrieben waren. Der von Y.T. Wu mit Zhou Enlai ausgehandelte Text verpflichtete die Christen in China auf eine volle Selbständigkeit (Drei-Selbst Prinzipien) der Kirche, und unter der Führung der Regierung und der Partei auf den Kampf gegen den Imperialismus und auf die Teilnahme am Aufbau der sozialistischen Gesellschaft.1 Abgesehen von einigen kleineren theologischen Abhandlungen kam es bis zur Kulturrevolution jedoch kaum zu einer klaren Ausprägung der Theologie. Der Neuanfang nach der großen Katastrophe forderte über zwei Jahrzehnte alle Kräfte für den Wiederaufbau der Kirche. Erst gegen Ende der 90ger Jahre konnte man daran denken, die Aufgabe wieder anzugehen, eine eigene, in China verwurzelte Theologie zu entwickeln. 1991 hatte der Chinesische Christenrat in der Vollversammlung des ÖRK zu Canberra als ‚Kirche im Einigungsprozess' (uniting church) die Mitgliedschaft im Ökumenischen Rat der Kirchen aufnehmen können. Neue ökumenische Partnerschaften im gegenseitigen Vertrauen entstanden und die schrillen polemischen antiwestlichen Töne der ersten Jahrzehnte des Neuen China sind in der Regel nicht mehr zu vernehmen.2 Selbstverständlich aber schließt eine Suche nach eigenständigem theologischen Denken eine kritische Auseinandersetzung mit der überlieferten Theologie ein.

Bischof K.H. Ting (Ding Guangxun) hat über Jahrzehnte in der Kirchenleitung die chinesische Kirche verantwortlich geführt. Für die letzten Jahrzehnte ist ein außerordentlich starkes Wachstum der Kirche zu verzeichnen. Aufgrund des Mangels an qualifizierten kirchlichen Mitarbeitern kommt der theologischen Ausbildung große Priorität zu. Im hohen Alter hat Ting sich entschlossen, den Bemühungen um eine genuine chinesische Theologie hin Nachdruck zu verleihen und Richtung zu weisen.

Ting veröffentlichte 1998 eine Sammlung seiner theologischen Aufsätze.3 Wie er in einem persönlichen Gespräch äußerte, war er besorgt darüber, daß die chinesische Kirche überwiegend konservativ und von einer individualistischen Frömmigkeit geprägt ist. Die älteren Theologen sind noch vor 1949 von Missionaren ausgebildet worden, die zumeist pietistisch ausgerichtet waren. Sie hielten an starren dogmatischen Aussagen fest und gaben sie an die jungen Studenten weiter, ohne dass das Leben der Menschen, insbesondere der Intellektuellen in China angesprochen werde. Zudem ist häufig eine eschatologische Erwartung anzutreffen, die für moderne Vorstellungen untragbar ist und außerdem Sektierern Einlaß in die Gemeinden geben kann. So setzt Ting sich nachdrücklich für eine theologische Neuorientierung ein.4. Dabei geht es insbesondere um das Verhältnis der Kirche zum Sozialismus. Tings langjähriger Kollege am Seminar in Nanjing, der Systematiker Chen Zemin, führt dazu aus: „In der Kirche gibt es viele Ideen und Vorstellungen, die mit dem Sozialismus nicht übereinstimmen. Die Theologie ist angesichts der gesellschaftlichen Wirklichkeit veraltet. In diesem Sinne kann man feststellen, daß unser Denken und Bewusstsein im Blick auf das Denken des gesamten Volkes überholt ist."5

Die beiden nationalen Leitungsgremien (des Chinesischen Christenrates und der Patriotischen Drei-Selbst Bewegung), beschlossen im Nov. 1998 auf ihrer Tagung in Jinan offiziell, „ ... die Bemühungen um die Entwicklung des theologischen Denkens (神学思想建设wörtl. ‚Aufbau'...) zu verstärken. ... Unter Wahrung der grundsätzlichen Glaubensaussagen, auf der Basis des Patriotismus, in gegenseitiger Achtung unterschiedlicher Anschauungen ...soll die chinesische Kirche auf Jesus Christus als Eckstein fest gegründet sein und sich an die sozialistische Gesellschaft anpassen."6 In einem Festakt in Beijing, der anläßlich der Veröffentlichung eines Bandes mit den gesammelten Aufsätzen Tings in Beijing für Regierungsvertreter, Führer der fünf anerkannten Religionsgemeinschaften und Religionswissenschaftler gehalten wurde, äußerten sich ranghohe Kader anerkennend darüber, dass in Tings theologischen Ausführungen die notwendige Anpassung an die sozialistische Gesellschaft erfolgt.7 Für Ting ist diese Anpassung „um des Nutzens für das Vaterland willen, um der Existenz der Kirche selbst und um ihres Zeugnisses willen eine selbstverständliche Entscheidung – wie für jeden Bürger, so auch für jeden Christen."8 Die Existenz der christlichen Kirche in China wäre nicht denkbar ohne Rücksicht auf den sozio-politischen Kontext und die Bedingungen des Neuen China. In der Identifizierung mit diesen Zielen liegt darum für Ting die einzige Möglichkeit für christliches Zeugnis. Eine Reihe von beruhigenden Erklärungen in der kirchlichen Presse über die nunmehr vorzunehmende theologische Orientierung versichern, dass die Glaubensinhalte, wie sie in Schrift und Bekenntnis enthalten sind, darin nicht angetastet werden sollen.

Seit dem Jinan-Beschluss der Kirchenleitung über die Entwicklung einer eigenständigen Theologie werden systematisch in allen Provinzen Tagungen und Konsultationen über die Publikation Tings gehalten, zunächst für die Dozenten der theologischen Seminare, dann für kirchliche Mitarbeiter. Diese Bewegung dauert bis in die Gegenwart weiter an. Sie wird durch fortlaufende Abhandlungen in theologischen Zeitschriften wie auch in der allgemeiner gehaltenen kirchlichen Zeitschrift 天风TIAN FENG begleitet.

Eine Vielfalt aktueller Themen mit theologischen Akzenten, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, bietet sich in Tings Aufsatz- und Vortragssammlung: Klärung der aktuellen staatlichen Religionspolitik, Interpretation der marxistischen Religionskritik mit der Abgrenzung vom Begriff „Opium des Volkes" und mit der Abwehr der Ideologie der „Extremen Linken," die mit katastrophalen Folgen für das gesamte China zur Kulturrevolution geführt hatte. Diskussion der Bedeutung von Selbständigkeit der Kirche im Rahmen der Drei-Selbst Prinzipien. Eine anerkennende Vorstellung feministischer Theologie. Gedanken zur Ökologie. Würdigung herausragender Personen und ihres Beitrags zur theologischen und kirchlichen Entwicklung in China. Dazu eine praktische Applikation der theologischen Erwägungen in Predigten. Die bunte Sammlung lässt keine systematische theologische Darstellung erwarten. Viele wichtige theologische Themen fehlen ganz und die einzelnen Beiträge überschneiden sich in einer Vielzahl von Wiederholungen.

Im Folgenden werden einige wichtige Schwerpunkte aus der Arbeit Tings vorgestellt:

Hermeneutik

Zunächst geht es darum, das wissenschaftliche Niveau theologischer Arbeit anzuheben. Vordringlich ist dabei die Erkenntnis, daß Gottes Offenbarung in der Schrift nur in konkreter historischer Gestalt faßlich ist. Biblische Aussagen sind in ihrem jeweiligen Kontext zu lesen. In gewissem Maße ist ein historisch-kritischer Zugang erforderlich. Wichtiger aber ist für Ting die Erkenntnis, dass in jedem geschichtlichen Kontext neue Interpretationen möglich und notwendig sind. Es geht also nicht nur um eine Abgrenzung gegenüber einer fundamentalistischen Verbalinspirationslehre, sondern um eine Hermenautik, die aus den Erfordernissen von Zeit und Ort jeweils zu neuer Aneignung der Texte weit über den ursprünglich geschichtlichen Zusammenhang fortschreitet.9

Gottesverständnis

Gott ist Liebe. Mit diesem Satz faßt Ting sein theologisches Denken zusammen. Unter allen Eigenschaften Gottes ist die Liebe die erste. 1979 hatte er noch Gottes Liebe und Allmacht nebeneinandergestellt in einem absurden Gedankenspiel, daß Gott angesichts des Übels in der Welt entweder keine Liebe übt, wenn er auch allmächtig ist, oder umgekehrt, allmächtig ist ohne Liebe, oder wenn er schon keine Liebe übt, auch nicht allmächtig ist.10 Später stellte er alle traditionellen Attribute Gottes zurück und wollte in Gott vor allem anderen Liebe sehen: „Gottes wesentlichste Eigenschaft ist nicht Allmacht, oder Erhabenheit, sondern seine Liebe. Und Liebe ist nicht eine Eigenschaft Gottes, sondern Gott ist Liebe. Er ist im Mittelpunkt aller Wirklichkeit der Liebende, er ist der liebende Gott, der liebt wie es in Jesus Christus zum Ausdruck kommt. Diese Offenbarung übersteigt alles und korrigiert alles, was wir von Gott sagen können."11 Das „Herz Gottes" ist nicht auf Strafe gerichtet, sondern auf Nachsicht, wie der Vater im Gleichnis vom Verlorenen Sohn zeigt. In China ist das Bild des Vaters allerdings durch Strenge belastet. Gottes Liebe ist mütterlich. Sie mag als Schwäche angesehen werden. Die schwache Kraft Gottes jedoch bedeutet seine Stärke. Für Chinesen ist diese Paradoxie einsichtig. Laotse sieht im „Nicht-Handeln" (wu wei) die rechte Haltung. Wu wei zielt nicht auf Nichtstun, sondern lehrt, eine alles umfassende, alles erzwingen wollende Geschäftigkeit zu vermeiden. In natürlicher Gelassenheit fügt sich, was zu tun ist. Darum ist auch Gerechtigkeit nicht Gottes vordringliche Eigenschaft. Wohl ist er gerecht, doch seine Gerechtigkeit leitet sich erst aus der Liebe ab.12 Über Katastrophen in der Welt hinweg, an denen der Mensch ursächlich beteiligt ist, bleibt diese Liebe bestehen. Denn die Schöpfung setzt sich in der Erlösung fort. Christus „lässt uns wagen zu glauben, daß Liebe die Wahrheit für das menschliche Leben ist. ... Sie ist die Wesensbestimmung dieser Welt." 13 Daraus ergibt sich, daß die Menschen beflügelt werden, am Schöpfungsprozess teilzunehmen und eine bessere Welt zu erstreben. „Die Liebe bringt uns dazu, das höchste Gute zu suchen. Alles wahre und richtige Gute geht nicht verloren. Es wird bewahrt, erhöht und in das kommende Himmelreich eingehen, da die Liebe das Höchste ist."14 Ting kritisiert mit einem Zitat von Alfred North Whitehead die westliche Theologie, in der das Gottesbild von Gerechtigkeit, Gericht und Strenge überlagert ist und Gott als strenger Herrscher gilt, während Gott jedoch den Menschen durch Milde lockt, ihm in freiem Willen zu folgen.15

Tings Ausführungen sind von der Prozesstheologie angeregt, die er schon vor Beginn der 80ger Jahre kennenlernte. Er sieht die Menschheitsgeschichte in einem sich fortsetzenden Prozeß, der getragen von Liebe zur Vollendung der Welt führen wird. Die Anregung zu dieser Theologie der Liebe Gottes ist eindeutig auf Whitehead zurückzuführen, wie sich unschwer aus vielen verstreuten Hinweisen in den Ausführungen Tings aufweisen lässt. Ist dieser Anstoß zwar „westlich" und somit augenscheinlich nicht „eigenständig chinesisch", so erweist es sich bei näherer Untersuchung, daß der Ansatz der Prozesstheologie Tings kontextuellem Entwurf entgegenkommt und darum seiner chinesischen Theologie eingefügt werden kann.

Christologie

Eine ausgeführte Christologie ist bei Ting nicht beabsichtigt. Aufschluß über seinen Ansatz gibt vor allem sein 1990 in London gehaltener Vortrag „The Cosmic Christ." Die wesentlichen Gedanken dieser Arbeit gehen auf Teilhard de Chardin zurück, mit dem sich Ting etwa zur gleichen Zeit wie mit Whitehead auseinandersetzte.16. Die herkömmliche Christologie gilt für Ting als völlig unzureichend. In Whitehead und Teilhard sieht er Möglichkeiten für einen neuen christologischen Entwurf. Dabei werden Erlösung und Heiligung in den durchgehenden Prozess der Schöpfung aufgenommen. Christus ist nicht nur der Gekreuzigte: "Gott offenbart in Christus seine Eigenheit. Darin liegt der Inhalt des Wesens Christi. Jesu große Liebe zu erkennen und ihn als kosmischen Christus [zu sehen], heißt, den durch Christus offenbarten Gott als den liebenden Schöpfer zu erkennen."17

Christus ist Herr des gesamten Kosmos, doch nicht Herr nach dem Vorbild der römischen Kaiser, sondern in Liebe. Diese Vorstellung ist der chinesischen Kultur nicht fremd. Sie entspricht dem Ideal der „guten Herrschaft" der altchinesischen Philosophen, die Einheit und Harmonie des Alls, Himmel und Erde, in Menschlichkeit oder Liebe (仁ren) gewahrt sahen.18

Ting verweist hier auf Kol. 1, 15 + 17 und Hebr. 1,3. Wichtig ist dabei für ihn die Deutung der kosmischen Dimension, die er von Teilhard de Chardin und Whitehead mit den Gedanken des evolutionären Entwicklungsprozesses übernimmt, in dem allmählich die gesamte Schöpfung über mehrere Stufen zur Vollendung geführt wird. Dabei werden die Menschen von den Fesseln der Sünde befreit. Das geschieht jedoch in einer langwierigen Zeitspanne, in der die Menschen sich im Zusammenwirken mit Gott, als „seine Mitarbeiter", in großen Anstrengungen auf das Ziel hinbewegen. Dieses Ziel kann er ähnlich wie Teilhard ganz real als innerweltliches Geschehen beschreiben: „Dann gibt es keine Finsternis mehr, Menschen betrügen sich nicht gegenseitig, einer frisst nicht den anderen [literarische Anspielung auf Lu Xun; d. Vf.], alle sind Brüder und Schwestern. In jener Welt folgt der Mensch Gottes Willen... in einer seiner selbst bewußten und freien Willensentscheidung."19 Auch bei diesen paradiesischen Verhältnissen, werden Unterschiede zwischen den Menschen bestehen bleiben, aber ohne Krieg und Streit. Dieses 'Eschaton´ ist freilich jetzt noch nicht erreicht. Mit dem kosmischen Christus aber wird es im Lauf der Geschichte real.

Ting's besonderes Interesse bei diesem christologischen Ansatz ist die unmittelbare Anwendung auf die Situation der Christen in China. Das neue China hat unerhörte Veränderungen für die Menschen gebracht. Ting setzt dies in unmittelbare Beziehung zum Schöpfungs- und Erlösungsprozess. Was aufrichtige Revolutionäre in China zustande gebracht haben, hat mehr bewirkt als die meisten Christen, die nur redeten, während die Kommunisten gehandelt haben. Für die traditionelle Theologie ergibt sich angesichts dieser Erfahrung die Notwendigkeit zum Umdenken: „Christus erlöst nicht nur die Christen, seine Erlösung gilt für die ganze Menschheit. Nicht nur das, sie umgreift den gesamten Kosmos. So ist auch der Heilige Geist nicht nur Tröster der Christen allein, sondern überhöht das gewöhnliche Schöne und Gute und macht die ganze Schöpfung neu."20

Die Konsequenz daraus ist für die chinesische Kirche, dass sie als Gottes Mitarbeiter sein Werk zusammen mit den kommunistischen Revolutionären betreibt. Sie sind Atheisten. Doch das ist kein Hindernis, da sie sich für die Vollendung des Schöpfungsplanes einsetzen. Ting sieht durchaus menschliche Schwächen, Korruption und Rückschläge in der Verwirklichung des Sozialismus. Doch die Mission der Kirche ist nicht nur, Christus in eine 'Welt ohne Christus´ zu bringen, sondern vielmehr zu erkennen, wo Christus bereits präsent ist, nämlich im Neuen China, und ihn dort durch ein eindeutiges Leben zu bezeugen.

Eine Unterscheidung von Glaube und Unglaube wird im Blick auf die Kooperation von Christen mit Atheisten in der Gesellschaft hintangestellt: "Obwohl sie sich im Glauben von uns unterscheiden, können wir doch, jeder unter dem Antrieb seines Glaubens, in vieler Hinsicht einmütig zusammenarbeiten ... solange wir Gottesdienst halten, unser kirchliches Leben führen und Christus bezeugen können."21 In praktischer Hinsicht kann dieser Unterschied relativiert werden. Aber die Begründung bei Ting in ‚Der kosmische Christus' reicht weiter. Im Londoner Vortrag (1990) und der später in der Aufsatzsammlung veröffentlichten Fassung ist eine Engführung mit dem Sozialismus erkennbar. Noch deutlicher wird sie in der ursprünglichen Interpretation von 'Befreiungstheologie, Teilhard und Whitehead´ ausgesprochen.22 Zwar sagt Ting auch, daß nicht alles, das im politischen Leben Chinas geschieht, auf Christus zurückzuführen ist, aber nach der weitgehenden Abkehr vom Klassenkampf und der Öffnung Chinas ist für Ting der 'Sozialismus mit chinesischen Merkmalen´ ein Fortschritt auf dem Wege zu Demokratie und Wohlstand und gehört in die weit vorangeschrittene Phase des Schöpfungsprozesses des kosmischen Christus. Die Unterscheidung von Glaube und Unglaube ist dann nicht mehr nur pragmatischer Art. Die Forderung der Anpassung an den Sozialismus versteht sich durchaus in der auch theologisch begründbaren Ablehnung des Kapitalismus und Neo-Liberalismus. „Socialism is love on a large scale, organized love which has taken shape as a social system ... when we distribute love to the masses in a rational way, then love takes on the form of fairness, equality and justice."23 Die Identifizierung freilich mit dem real-existierenden Sozialismus gibt auch in China Anlaß zu Fragen, und das nicht allein, weil die Gesellschafts- u. Wirtschaftsform längst schon nicht mehr von sozialistischen Ideen bestimmt sind.

Rechtfertigung aus Glauben

In der Diskussion über einen Neuansatz des chinesischen theologischen Denkens nimmt dieses Thema einen besonderen Platz ein. Zwar ist die eigentliche Erörterung nicht so gründlich, wie man erwarten möchte. Auch der Ansatzpunkt der Kritik Tings an dem „veralteten" Glaubenssatz ist zumindest ungewöhnlich. Er nimmt Vorkommnisse in China auf, indem sich angeblich Christen auf ihren Glauben berufen, um sich von ethischen Verpflichtungen zu befreien. Das wäre ein leicht zu behebendes antinomistisches Missverständnis der Rechtfertigungslehre. Bei Ting geht es vor allem aber darum, dass Christen aus Glaubensgründen den Kommunismus als atheistisch ablehnen. Ting wendet sich dagegen, dass gerade die Rechtfertigungslehre in chinesischen Kirchen als vorrangiges Dogma gilt, während es eine Vielzahl anderer wichtiger Glaubenssätze gibt: „Warum werden sie nicht stärker betont? Wenn jetzt in China nur dieser Satz hoch gehalten wird, kann er leicht dazu führen, daß der Gegensatz von Glaube und Unglaube vergrößert wird. Das führt zu unendlichem Streit und zerstört die Einheit unseres Vaterlandes."24 Darüber hinaus befürchtet Ting, dass die Rechtfertigungslehre ethische Verantwortung untergraben könnte.25

Das Ärgernis der Rechtfertigungslehre besteht für Ting offenbar schon lange, denn bereits während der 50er Jahre hat er mit Y.T. Wu darüber diskutiert. Wu bezog die paulinische 'Rechtfertigung aus Glauben´ vor allem konkret auf die Auseinandersetzungen um die Beschneidung. Paulus befreite die Christen durch den Verweis auf den Glauben von dieser Last des Gesetzes und öffnete damit den Weg des christlichen Glaubens für die Heidenchristen – in die Welt.26 Bei späteren Gelegenheiten macht sich Ting diese kontextuelle, auf das äußere, rituelle Gesetz bezogene Erklärung zu eigen.

Bei Luther wiederum steht nach Ting die ‚Rechtfertigung allein aus Glauben' vor allem im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um den Ablasshandel. Ting begrenzt sie auf diesen historischen Anlass. Ebenso ist es darum für die chinesische Kirche nachvollziehbar, ihrerseits in dieser Weise eigenständig vorzugehen. Ting schlägt vor, den Satz „gerechtfertigt aus Glauben" zu „entschärfen."27 Die für Paulus grundlegende Bedeutung von Gesetz, Gottes Zorn und Gottes Gerechtigkeit kommen dabei nicht mehr in den Blick und die Dialektik von Gesetz und Evangelium ist abhanden gekommen, indem das Gesetz mit den natürlichen ethischen Normen zusammenfällt, wie im folgenden deutlich wird.

Theologische Anthropologie

Die Fähigkeit des Menschen zum ‚Wahren, Schönen und Guten' wird häufig bei Ting hervorgehoben. Jeweils beeilt er sich dabei, die allgemeine Gültigkeit dieser Feststellung zu betonen. Sie ist ausdrücklich auch zutreffend für Nicht-Christen (und besonders für kommunistische Revolutionäre und Kader). Die damit verbundene Apologetik Tings zielt auf konservative Kreise innerhalb der chinesischen Kirche.

Mit Recht wird der humanistische Atheismus von Ting nicht ethisch diskreditiert. „In seinem Wesen ist der Mensch dazu bestimmt, sich in schöpferischem Wirken zu betätigen; gegenseitige Verfehlungen unter Menschen entsprechen nicht dieser Wesensbestimmung, sondern entstehen aufgrund der zahlreichen Widersprüche innerhalb der Gesellschaft. Die Bestimmung des Menschen ist, ein Leben in Freiheit zu führen und die menschlichen Werte in schöpferischer Arbeit zu beweisen und zu verwirklichen. In der neuen Gesellschaftsordnung bedeutet Arbeit Liebe zur Menschheit. Das ist der (ethische) Weg des Menschen (仁道rendao), in Würde zu leben und zu wirken. Dieser Glaube der Humanisten und Revolutionäre ist auf eine Hoffnung für den Menschen und für eine die Menschheit umfassende Gesellschaft gegründet."28 Die Widersprüchlichkeit, die im Menschen selbst erfahren wird (Röm. 7, 15), leugnet Ting nicht. Auch aufrichtige Kommunisten stellen sich ihr. Ting wendet sich jedoch gegen einen Sündenbegriff, der den Menschen herabsetzt.29

Sünde ist zwar eine ernst zu nehmende Verfehlung. Im Weltgeschehen wie im menschlichen Leben wirkt sie sich aus. Nach der Begrifflichkeit von Teilhard de Chardin nennt Ting den Menschen ein nur 'halbfertiges Produkt´, das sich weiter entwickeln kann. Sünde aber nimmt dem Menschen nicht das wesensmäßige Gute. In seiner immanenten Befindlichkeit sehnt er sich nach Höherem und strebt diesem Ziele zu. Gute Bürger wenden alle Kräfte für den Aufbau der Gesellschaft auf. Eine tiefgreifende Betonung von Sünde aber muss im Neuen China defätistisch wirken.30 In der Abwehr eines solchen Vorwurfs liegt ein Beweggrund Tings für seine 'optimistische´ anthropologische Konzeption.

Neben diesem politischen Gesichtspunkt aber weist Ting auf das traditionelle Verständnis des Menschen in China hin. Das konfuzianische Menschenbild ist optimistisch. Mencius hat die Sicht des Konfuzius weiterentwickelt und noch deutlicher als Konfuzius das Gute im Menschen als Wesensbestandteil hervorgehoben. Die natürliche Kraft zum Guten kann zwar schwach ausgebildet sein, aber durch rechte Erziehung und Pflege wird sie geweckt und gestärkt. Chinesische Intellektuelle wehren sich dagegen, daß diese menschlichen Werte ihrer Kultur durch eine Lehre vom Sündenfall geschmälert werden.31

Für Ting ist es somit aus politischen wie kulturellen Gründen notwendig, die Vorfindlichkeit seines chinesischen Kontexts aufrechtzuerhalten und anzuerkennen. Sünde ist Verfehlung. Sie kann und muß überwunden werden, einerseits durch eigenes Bemühen, andererseits christlich gesehen, durch Gottes Transzendenz, die in der Gestalt Christi konkretisiert wird: in seiner Liebe. Gott straft nicht, sondern er überwindet die Sünde durch Vergebung, durch Liebe. Wenn Christen das Evangelium bezeugen, kann das revolutionäre Tun vertieft werden. Für China aber ist wichtig, das Gute, das im Menschen vorhanden ist, 'auszugraben´ und zu bestärken. Beide, Christen und Sozialisten sollten sich darin zusammenfinden.

Bei aller „Anpassung" an kontextuelle Voraussetzungen tritt doch das theologische Interesse nicht einfach völlig zurück. Ting macht deutlich, daß ein Evangelium ohne eine Anerkennung der Existenz von Sünde entleert wäre. Die Sünde des Menschen ist eine Voraussetzung für seine Heilsbedürftigkeit. Die traditionelle Sprache darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Verbindung von Schöpfung und Erlösung im evolutionären Heilsprozess konkret in den politischen und kulturellen Kontext Chinas eingebunden wird. 32

„Mit der Zeit gehen".

Unter diesem Titel verdeutlicht Ting die theologische Aufgabe, vor der die chinesische Kirche jetzt steht. Mit der Zeit ist Jesus in der Abgrenzung von Moses gegangen: „Ich aber sage euch". So Paulus, Luther und in der Geschichte auch das chinesische Volk in der Revolution. So auch die KPChina, die nach der Niederschlagung der ‚Viererbande' mit der ‚Öffnung und den Reformen' wiederum den Religionsgemeinschaften einen Ort in der Gesellschaft zuweist und ihre Betonung religiös-ethischer Werte ausdrücklich willkommen heißt. Das Gebot der Stunde ist jetzt, wie bereits dargestellt, die Annäherung an den Sozialismus. Die Zeit, die geschichtliche Entwicklung erscheint als Kriterium der Wahrheit.33

Was zu anderer Zeit oder in anderem Kontext gedacht worden ist, muß geprüft und verworfen werden, wenn es den Forderungen der Zeit nicht standhält. Der Wert der Arbeit chinesischer Theologen, die in der Vergangenheit im Bemühen um eine chinesische Theologie geleistet worden ist, wurde allerdings bis vor kurzem völlig geleugnet. Chen Zemin äußerte noch 1981 in einem lapidaren Urteil: „Solange China halb-kolonisiert war und die Mission der christlichen Kirche in China in enger Verwicklung mit dem Kolonialismus Eingang fand, also im Alten China, konnte es keinerlei eigenständige chinesische Theologie geben."34 Erst in der letzten Zeit ist ein Interesse an den theologischen Arbeiten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden.35 Ihre Rezeption aber war über Jahrzehnte ideologisch verstellt, wie sich z.B. an der Einschätzung der Arbeit T.C. Chaos zeigt.

Ting hatte sich auf Befragen mündlich geäußert, T.C. Chao zwar begegnet zu sein, ihn und seine theologische Arbeit jedoch nicht wirklich gekannt zu haben. Chao war nach 1952 seiner akademischen und kirchlichen Ämter enthoben und immer wieder bei politischen Kampagnen angegriffen, in der Kulturrevolution zu Prozessionen auf die Straße gezerrt und öffentlich gedemütigt worden. 1979 wurde er kurz vor seinem Tode politisch rehabilitiert. In einem Vorwort zu den beiden chinesischen Ausgaben der Arbeit des Vf. über Chao wiederholt Ting, was er schon 1988 zum Gedenken an Chao's 100. Geburtstag geäußert hatte: Chao sei eine tragische Gestalt gewesen. Ting bescheinigt ihm nunmehr, ein Patriot gewesen zu sein, darin jedoch sei er zu seiner Zeit verkannt worden. So blieb er ohne Freunde, isoliert und vereinsamt.36 Chaos Schüler, Kirchengemeinden und die kirchliche Vertreter hatten fast bis zuletzt Abstand von ihm gehalten. Zur theologischen Arbeit Chaos hat Ting inhaltlich nichts zu sagen.37" Schon vor Ting gab es Versuche seitens eines ehemaligen Schülers Chaos, des inzwischen verstorbener Professors für Neues Testament, Luo Zhenfang, Chao als Theologen für die offizielle Kirche Chinas zu retten.38 Chao hatte weniger triumphal in seinem Abschiedsbrief an Vf. geschrieben: „I have not been a true theologian... I have not been [able to] bear the burden that should be mine."39

Tings Haltung zu T.C. Chao, der 1979 politisch rehabilitiert worden war, bleibt auffällig kühl und distanziert. Chao, wenn auch Patriot, hatte zu lange die kommunistische Revolution abgelehnt. Er gehört nicht wie Y.T. Wu zu den Theologen, mit denen sich Ting identifizieren kann. Ting ist an dem politischen Kontext orientiert, mit dem sich die chinesische Kirche in der Tat auseinandersetzen muss. Seine Theologie ist politische Theologie.

Zugleich argumentiert Ting in seinen Abhandlungen gelegentlich mit dem Hinweis auf den Konfuzianismus oder Daoismus. In seinem Denken ist er durchaus Chinese und sucht einerseits die traditionelle Haltung mit Christlichem zu verbinden oder aber die christliche Sicht dem chinesischen Denken zu assimilieren, z.B. in der Sicht der Geschichte, der Anthropologie und der Ethik. Vorrang aber hat vor dem kulturellen Ansatz der politische, d.h. sozialistische Kontext.

1979 konnte Ting in New York von den chinesischen Revolutionären sagen: „ihr wichtigstes Merkmal ist nicht der Haß, sondern die Liebe."40 Bald spricht er aber zustimmend davon, daß China nicht mehr vom Klassenkampf bestimmt wird, sondern sich in Liebe zu einer friedlichen Gesellschaft entwickelt. Einmal in seinen Aufsätzen spricht er von den innerkirchlichen Auseinandersetzungen der 50er Jahre, an denen er beteiligt war, und äußert sein Bedauern seiner damaligen Handlungen. Seine darauf folgende konsequente Ablehnung linksradikaler Politik sei eine Form der Buße.41 Außenstehende vermögen zu solchen persönlichen Erfahrungen wenig zu sagen.

Kritiker wenden gegen Ting ein, seine Theologie sei chinesischen Christen und Gemeinden nicht dienlich. Gewiß lebt die Kirche in China mit einer anderen Theologie, daß aber eine Neubesinnung jetzt und immer wieder notwendig ist, steht außer Zweifel. Ting geht auf die staatliche Forderung der 'gegenseitigen Anpassung´ an den Sozialismus ein. Die Grundlage dafür ist immer noch der Anspruch des Staates, daß alles in China unter der Führung der Partei zu stehen hat. Wieweit freilich christliche Kirche, jedenfalls in den 50er/60er Jahren, ohne die Voraussetzungen des "Christlichen Manifests" möglich gewesen wäre, ist unschwer zu sagen.

Heute hat die Kirche an Realität gewonnen. Das hat sie auch Tings umsichtiger Führung in den 80er Jahren kirchlichen Wiederaufbaus und Wachstums zu danken, wobei Ting sich ausdrücklich gegen ‚linksradikale' Bestrebungen innerhalb der Kirche wandte. Für Ting ist seine grundsätzliche Identifizierung mit dem Sozialismus nicht taktischer Art, sondern Überzeugung. Kapitalismus und Neo-Liberalismus sind für ihn keine Alternativen. Aber der real-existierende Sozialismus, der in China weithin an Boden verloren hat? Diese Frage wird auch in China gestellt.

Einzelne theologische Aussagen Tings müssen sich einer Prüfung und auch der Kritik stellen, zumal ihre Argumentation nicht immer gründlicher Art ist. Das letzte Kriterium kann dabei gewiß nicht die Bereitschaft sein, „mit der Zeit zu gehen." Ausländische Theologen sind nicht zuletzt aufgrund der Verwicklungen der Missionsgeschichte gut beraten, behutsam mit Ting zu debattieren. In China selbst ist ein Gespräch im Gange, allerdings aus Rücksichtnahme auf das hohe Alter und Ansehen Tings wohl nicht in der gewünschten Offenheit.

Während Tings vorrangiger Kontext der politische ist, berücksichtigt sein Kollege, der inzwischen emeritierte Systematiker Wang Weifan, weit mehr den traditionellen kulturellen Kontext Chinas, wenn er auch politische Gegebenheiten anerkennt. Wang nimmt in der Anknüpfung an die chinesische Kultur den Ansatz Chao Tsu Ch'ens wieder auf, jedoch in eigenständiger Weise. Ein langsam wachsendes Interesse an den Arbeiten chinesischer Theologen zu einer ‚kontextuellen' Theologie während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist auch anderweitig wahrzunehmen. Dies darzustellen überstiege den Rahmen dieser Arbeit.

Für die chinesische Kirche wird die Herausforderung durch den politischen Kontext vermutlich noch auf Dauer hinter der kulturellen Herausforderung zurücktreten. Diese aber darf sich nicht nur an der Vergangenheit orientieren, denn China ist auf dem Wege in die Moderne aufgebrochen, die es zu gestalten gilt. Daß dazu die Kirche Christus zu bezeugen hat, steht fraglos auch für Ting Kuang Hsun fest. Eine Auseinandersetzung mit seinem Beitrag zu einer chinesischen Theologie bleibt eine Aufgabe für die chinesische evangelische Kirche.

Überarbeitete Fassung (Dez. 2012) von „Beitrag zu einer eigenständigen chinesischen Theologie" in: Benjamin Simon, Henning Wrogemann, hrsg., Konviviale Theologie, Festgabe für Theo Sundermeier zum 70. Geburtstag, Otto Lembeck, Frankfurt a. M., 2005, S. 364 – 379.

 

Anmerkungen:

1 Wallace C. Merwin, Francis P. Jones, hrg., Documents of the Three-Self Movement, New York, 1963, S. 19-22.

2 Dies gilt jedenfalls für allgemein-theologische Veröffentlichungen, weniger allerdings für tendenziöse kirchen- u. missionsgeschichtliche Publikationen der Drei-Selbst Bewegung. cf. 罗冠宗 Luo Guanzong, hg., 前事不忘, 后事之师Qian shi bu wang, hou shi zhi shi, (Das Vergangene nicht vergessen, [es ist] ein Lehrer für die Zukunft), Beijing 2003

3 丁光训文集Ting Kuang Hsun wenji (Gesammelte Aufsätze K.H. Tings), Nanjing 1998, im folgenden abgekürzt: GA; in englischer Übersetzung: Love Never Ends, Nanjing 2000. Eine Ausgabe in koreanischer Sprache erschien im Okt. 1999 in Seoul unter dem Titel (übers.): „Die Liebe höret nimmer auf." cf. 天风Tian Feng, 12. 1999, S. 10.

Die Zitate beziehen sich auf die originale, chinesische Fassung der GA.

4 cf. auch: 丁光训, Ting Kuang Hsun, 三自爱国运动的发展和充实sanzi aiguo yundongde fazhan he chongshi, (Entwicklung und Stärkung der Drei-Selbstbewegung), 天风Tian Feng, 1. 2000, S.4 - 5

5 zitiert von 王艾明Wang Aiming, 论中国教会神学思想建设的性质和使命lun zhongguo jiaohui shenxuesixiangde xingzhi he shiming, (Wesen und historische Aufgabe des theologischen Denkens der chinesischen Kirche), 天风Tian Feng 2.2000, S. 14. Wang ist Leiter der Jinling Theologischen Hochschule in Nanjing.

6 关于加强神学思想建设的决议guanyu jiaqiang shenxuesixiang jianshede jueyi, (Beschluss über den Aufbau des theologischen Denkens), 天风Tian Feng, 1.1999, S.11

7 天风Tian Feng, 1. 1999, S.12. Den Begriff der „gegenseitigen Anpassung" führte Jiang Zemin, Generalsekretär der Kommunistischen Partei, zu Beginn seines Amtsantritts als Präsident der VRChina als richtungsweisend für die offizielle Religionspolitik ein. cf. dazu Winfried Glüer, Gegenseitige Anpassung und Harmonie, Zur Religionspolitik in der VRChina in: Roman Malek, hg., Fallbeispiel China, Ökumenische Beiträge zu Religion, Theologie und Kirche im chinesischen Kontext, Nettetal 1996, S. 491ff.

8 Ting Kuang Hsun,调整神学思想的难免和必然 tiaozheng shenxuesixiangde nanmian he biran, (Unausweichlichkeit und Notwendigkeit einer Revision des theologischen Denkens), 天风Tian Feng , 3.2000, S.4 - 5

9 GA, 中国基督徒怎样看待<圣经> zhongguo jidutu zenyang kandai , (Die Bibel in der Sicht chinesischer Christen), S. 77ff.; 1990; Ting bezieht sich in diesem ursprünglich in USA gehaltenen Vortrag auf Paul Riceur.. cf. Wang Aiming, 神学思想建设浅思shenxuesixiang jianshe qiansi, (Einfache Gedanken zur Entwicklung theologischen Denkens), Tian Feng,1.2000, S.22 - 23

10 谈人类的饥饿和贫困问题tan renleide ji'e he pinkun wenti, (Hunger und Armut der Menschheit) GA, S. 5 1979

11 在澳大利亚教会欢迎会上的演讲zai aodalia jiaohui huanyinghui shangde yanjiang, (Begrüßungsansprache vor Kirche[nvertretern] in Australien, GA, S. 20, 1996

12 理解上帝的心lijie shangdide xin (Das Herz Gottes verstehen), GA, S. 100ff., 1993; 女性, 母性,神性nüxing, muxing, shenxing (Weibliches, mütterliches, Gottes Wesen), GA, S. 229f. (1986)

13 爱到底的爱ai daodide ai (Liebe bis zum Ende), GA, S.260, (1988)

14 cf. Begrüßungsansprache... a.a.O., S. 20

15 一个中国基督徒的上帝观yige zhongguo jidutude shangdiguan, (Gottesbild eine chinesischen Christen) GA, 107ff. (1993)

16 宇宙的基督 yuzhoude jidu, (Der kosmische Christus), GA, S.90– 99; eine Vorarbeit hierzu ist ein Aufsatz über Befreiungstheologie, Teilhard de Chardin und Whitehead, 金陵神学志 Jinling shenxuezhi, abgekürzt: ZJTH, Dez. 1985, S. 15ff.. Er ist in der in der Aufsatzsammlung nicht aufgenommen worden. Teile daraus erscheinen z. T. in wörtlichen Zitaten in verschiedenen Beiträgen Tings.

17 cf. Gottesbild eines Chinesen, a.a.O., S.110

18 Der kosmische Christus, a.a.O. s. 93

19从创造看降生 cong chuangzao kan jiangsheng (Schöpfung und Inkarnation) GA, S. 254; (Weihnachtsansprache 1987)

20 Der kosmische Christus, a.a.O., S.94

21 op. cit. S. 95

22 cf. auch 新德里国际宗教自由会仪上的讲稿xindeli guoji zongjiaoziyou huiyi shangde jianghua, (Rede gehalten auf dem internationalen Kongress für Religionsfreiheit in Neu Delhi), GA, S. 61 u. 68 (1987). Die Entsprechung der theologischen Position zur offiziellen Regierungspolitik der Volksfront (United Front), die vor allem durch Zhou Enlai eingeführt wurde, ist offensichtlich. Zur United Front cf. Philip L. Wickeri, Seeking the Common Ground, Protestant Christianity, the Three-Self Movement and China's United Front, Maryknoll, N.Y. 1988

23 op.cit., S.70 ; (1987)

24 回顾走过的路huigu zouguode lu (Ein Rückblick), GA, S.363 (1995); zum Ganzen cf. auch: Pilgrim Lo, From „Justification by Faith" to „Justification by Love"? A Reflection on Theological Reconstruction in the Chinese Church, in: Anna Madson, hg., Glaube und Denken, Die Bedeutung der Theologie für die Gesellschaft, Festschrift für Hans Schwarz, Frankfurt a. M., 2004, S.277-287

25 今天我们向吴耀宗先生学习什么jintian women xiang Wu Yaozong xiansheng xuexi shenma, (Was lernen wir heute von Wu Yaozong), GA, S. 479; (1989)

26 先进的吴先生xianjinde Wu xiansheng, (Der uns vorangegangene Herr Wu), GA, S. 447; (1981). Wu fügte hinzu, daß Paulus heute an dieser Stelle die Befreiung zur Drei-Selbst Bewegung wählen würde.

27 Ting Kuang Hsun, 因信与上帝建立合宜的关系yin xin yu shangdi jianli heyide guanxi, (Im Glauben mit Gott eine angemessene Beziehung herstellen), Tian Feng, 8.2002, S.34-36. 淡化danhua, wörtlich 'verwässern´, im Chinesischen allerdings im neutralen Sinne. Ting braucht hier als Beispiel das wiederholte Aufgießen von heißem Wasser auf Teeblätter in einem Becher, wie es in China üblich ist. Von Gegnern wird allerdings die negative Konnotation des 'Verwässerns´ ins Feld geführt. Mit der Übersetzung „entschärfen" geht das ursprüngliche Bild verloren.

28 一个中国基督徒怎样看无神论者Yige zhongguo jidutu zenyang kan wushenlunzhe, (Wie sieht ein chinesischer Christ die Atheisten?), GA, S.140 (1979); zu den großen Revolutionären zählt Ting auch Stalin, der bis heute in China neben Marx, Engels und Mao offiziell in Ehren gehalten wird; op. cit., S.142, (1979); cf. GA, S. 91 (1991). - Im Zusammenhang dieser Erörterung wird die Rechtfertigungslehre kritisch erwähnt.

29 Zum absurden Schlagwort an theologischen Seminaren in China ist Tings 'Quintessenz´ der theologischen Anthropologie Calvins geworden, 'der Mensch ist ein Wurm von 5 Fuß Größe´, angeblich ein Calvin-Zitat, das von Ting nicht ausgewiesen ist und in keiner Weise Calvins Anthropologie gerecht wird. cf. 在加拿大一所神学院的讲话zai jianada yisuo shenxueyuande jianghua (Ansprache in einem kanadischen Seminar), GA, S.52; (1985); cf. GA, S.86; GA, S.24.; 天风Tian Feng, 12.1998, S. 10

30 中国的神学群众运动zhongguode shenxue qunzhong yundong, (Eine chinesische theologische Volksbewegung) GA, S. 24f; (1984); 降生于超越jiangsheng yu chaoyue, (Menschwerdung und Transzendenz), GA, S. 264f. (1988)

31 Die Bibel in der Sicht der chinesischen Christen, GA, S. 86; (1990)

32 创造和救赎chuangzao he jiushu, (Schöpfung und Erlösung), GA, S. 275- 279; (1995);纪念三自爱国组织成立三十周年的讲话 jinian sanzi aiguo zuzhi chengli sanshi zhouniande jianghua, (Anprache anlässlich des 30jährigen Bestehens der Drei-Selbst Organisation), GA, S.328f; (1984); 三自再说话sanzi zai shuohua, (Noch einmal Bemerkungen über die Drei-Selbst [Prinzipien] ), GA, 316; (1982).

33 Ting Kuang Hsun,神学思想也要与时俱进shenxue sixiang ye yao yu shi jujin, (Das theologische Denken muss auch mit der Zeit gehen), Tian Feng, 6.2002, S.22ff.

34 So noch 1992 ausdrücklich bekräftigt: cf. 陈择民Chen Zemin, 中国教会神学人务zhongguo jiaohui shenxue renwu, (Die theologische Verantwortung der chinesischen Kirche) in: 金陵神学文选Jinling shenxue wenxuan 1952 - 1992, (Jinling– Sammlung theologischer Aufsätze) Nanjing, 1992 S. 53; Der Aufsatz erschien zuerst in ZJTH, Nr. 14/15, 1957.

35 Die in Hongkong (1998) erschienene chinesische Übersetzung der Arbeit: Winfried Glüer, Ansätze zu einer chinesischen Theologie, Chao Tsu Ch'en, Gütersloh 1979, (revidiert und erweitert) wurde in China in vereinfachter chinesischer Schrift veröffentlicht. 古爱化煮, 赵紫宸的神学思想, Shanghai 1999. Dabei sind einige wichtige Passagen, vermutlich von der Hand Chen Zemins, ohne Verständigung mit dem Autor verändert worden! Zur Zeit wird eine Ausgabe der Schriften Chao Tsu Ch'ens (Zhao Zichen) in Angriff genommen: Yanjing Institute, Beijing, ab 2004

36 GA, S. 509 – 511; (1998)

37 Entgegen verbreiteten Nachrichten, Chao habe seinen Glauben verloren, weiß Ting, dass Chao bis zuletzt an der johanneischen Wahrheit: „Das Wort ward Fleisch" festgehalten habe, genau wie er es von Wu Yifang berichtet, die als ehemalige Direktorin der renommierten christlichen Frauen-Hochschule in Nanjing im vollen Vertrauen der KPChinas hohe kommunistische Regierungsämter geführt hatte. Tings Behauptung wird allerdings durch einen der letzten Briefe Chaos an den Autor widerlegt, in dem Chao im Zusammenhang gerade mit Joh.1 schreibt: „I want to be scientific. I cannot offer mankind [the] thought, that a human can be God by His incarnation. The Sin of man must make God fail (Brief vom 29.1. 1979, eigenes Archiv; überraschend diese Begründung!)

38 Luo Zhenfang, Dr. T.C. Chao's Last Letter to Me, Chinese Theological Review, 1986, S.75-78; ursprünglich ZJTH, Dez. 1985

39 25. Juli 1979; eigenes Archiv; Näheres cf. Winfried Glüer, T.C. Chao and The Quest for Life and Meaning, China Notes, National Council of the Churches of Christ, New York, XVIII, 4, S. 129 – 133

40 Wie sieht ein chinesischer Christ die Atheisten, a.a.O. S.141

41 Liebe bis zum Ende, a.a.O., S. 261

 

 

CCC

Stichwörter zur Geschichte

7.-9. Jhd.
Nestorianer

1583 - 1717
Jesuitenmission, zeichnet sich durch starke Assimilation an die chinesische Kultur aus, zielt auf die Gewinnung der Oberschicht.
Matteo Ricci.
Ritenstreit beendet die Missionstätigkeit aller Orden

Beginn 19. Jhd.
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1850-64
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2. Opiumkrieg. Verlust der Zollautonomie, Konzessionen, verstärkte Ansiedelung von Ausländern

1865
China Inland Mission gegründet (1895 641 Missionare, 462 Assistenten, 260 Missionsstationen)

1912
Ausrufung der Republik China durch Sun Yatsen

1949
Ausrufung der Volksrepublik China durch Mao Zedong, Ausweisung aller Missionare

1951
Beginn der Drei-Selbst Bewegung unter Schirmherrschaft von Ministerpräsident Zhou Enlai.

1965-75
Kulturrevolution

1978
Wiedereröffnung der ersten Kirchen

1980
Nationale Christenkonferenz gründet Chinesischen Christenrat.

1981
Lehrbetrieb des Theologischen Jinling Seminars in Nanjing wird wieder aufgenommen.

4. 6. 1989
Tiananmen "Zwischenfall"

1996
Nationale Christenkonferenz

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