Meditation Weihnachten 2008

Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern, den Mitgliedern, Freunden und Unterstützern ein frohes Weihnachtsfest und Gottes Segen für das Jahr 2009.

 


Graphik von KAKEI Goro, Tokyo

Meditation von Pfarrer Carsten Rostalsky, Dahme

Ein zartes, ein verhaltenes Leuchten geht von beiden Körpern aus, die wir auf dem Bild erkennen können. Mutter und Kind. Körperwärme, weiche Haut, der Duft eines neugeborenen Kindes, all das scheint hier auf diesem farblich schlicht gehaltenen Blatt auf wunderbare Weise und großer Dichte eingefangen zu sein. Wer die beiden eine Weile betrachtet, bekommt etwas mit von der Ruhe, die von ihnen ausstrahlt. Was um sie herum geschieht, scheint sie nicht zu kümmern, so groß ist ihre Innigkeit. Zunächst haben sie nur Augen füreinander. Wir genießen mit ihnen diesen Moment höchster Glückseligkeit. Fast scheinen sie zu schweben. Wie auf einer Wolke. Eine Welt für sich. Noch.

Bald, sehr bald, wird das anders sein. Besuch hat sich schon längst in dieser Nacht auf dem Weg gemacht und ist unterwegs zum Stall. Von dem Kinde geht seit seiner Geburt ein Leuchten aus. Es leuchtet durch die Nacht und durch die Welt. Aber da ist noch mehr: von dem Kind geht auch eine Botschaft aus. Es ist die Nachricht, es ist die Gute Nachricht, das Evangelium. Diese Botschaft ist seither unterwegs zu uns Menschen. Sie wird von Mund zu Mund weitergereicht, von Haus zu Haus und darüber hinaus weiter getragen. Immer weiter. Die Gute Nachricht hat einen weiten Weg hinter sich und sie breitet sich dabei aus. Sie bleibt nicht stehen, aber sie irrlichtert seit 2000 Jahren auch nicht ziellos umher. Sie kommt auch an. Sie kommt da an, wo sie unser Herz erreicht. Diese Botschaft bewegt uns. Sie will uns in Bewegung setzen wie damals die Besucher in der Nacht.

Im Bild ist Weihnachten auf das Eigentliche bis zur Kenntlichkeit reduziert: Nicht einmal ein Stall mit Stroh, auch keine Tiere, Hirten, Magier oder Könige sind da zu sehen. Schon gar keine bunt blinkende Tanne voller Lametta. Für manchen heutzutage an Weihnachten unverzichtbar. Ebenso fehlen die Schokoladenweihnachtsmänner bewaffnet mit Sack und Rute. Erst recht ist keine musikalische Kaufhausberieselung zu hören. All das ist hier weggewischt. Nur das wirkliche Wesentliche ist da. Es ist das, was bleibt; in leisen und kräftigen Linien schwungvoll festgehalten. Lebendig. Und genau das will gefunden werden: Der Mensch gewordene, der lebendige Gott. Das Licht der Welt. Gefunden werden, und zwar von uns. Zwischen Autohupen und Gehetze, zwischen Neonlichterketten im nasskalten Alltag und billigen Beteuerungen mancher Mächtiger medial multipliziert.

Wir sind gerufen und wir sind herausgerufen, uns in Bewegung zu setzen. Hin zum Kind, hin zum Licht der Welt. Wir können es erkennen, wenn wir das Wesentliche im Blick behalten. Das geht nicht mit verschlossenem Herzen, nur wenn wir uns für andere öffnen. Wie sollten wir sonst auch den Weg finden. Das ist es, was an Weihnachten zählt und gültig bleibt.

Carsten Rostalsky ist Mitglied des Vorstandes der DOAM