2021: Zwei Briefe aus Aizu-Wakamatsu im Fukushima-ken

Fukushima Desaster - 10 jahre danach: 11.03.2011 - 2021
Quelle: Kataoka, Fukushima.


Aus Aizu-Wakamatsu im Fukushima-Ken, Japan im Dezember 2020

Nach dem Reaktorunfall im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi, der sich am 11. März 2011 er-eignet hatte, haben Bürger*innen vielerorts mit Klagen und einstweiligen Verfügungen ver-sucht, den Betrieb von Atomkraftwerken einzustellen. Doch auch wenn sie vor Landgerich-ten Erfolg hatten, wurden die Urteile bislang von den höheren Instanzen wieder aufgehoben. Die „Gruppe der Religiösen, die die Atomkraft-Administration in Frage stellen“, die diese Ent-scheidungen der Justiz als regierungsnah empfinden, sah die Notwendigkeit, dass die Religi-onsanhänger sich an die Justiz richten müssten, und entschlossen sich im Jahre 2018, das Problem des nuklearen Brennstoffkreislaufes vor Gericht zu thematisieren.

Aus Aizu-Wakamatsu im Fukushima-Ken, Japan im Dezember 2020 Nach dem Reaktorunfall im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi, der sich am 11. März 2011 er-eignet hatte, haben Bürger*innen vielerorts mit Klagen und einstweiligen Verfügungen ver-sucht, den Betrieb von Atomkraftwerken einzustellen. Doch auch wenn sie vor Landgerich-ten Erfolg hatten, wurden die Urteile bislang von den höheren Instanzen wieder aufgehoben. Die „Gruppe der Religiösen, die die Atomkraft-Administration in Frage stellen“, die diese Ent-scheidungen der Justiz als regierungsnah empfinden, sah die Notwendigkeit, dass die Religi-onsanhänger sich an die Justiz richten müssten, und entschlossen sich im Jahre 2018, das Problem des nuklearen Brennstoffkreislaufes vor Gericht zu thematisieren.Die Vorbereitungen kamen voran und am 9.3.2020 wurde vor dem Landgericht Tokyo eine entsprechende Klage eingereicht. Kläger in diesem „Prozess über die Forderung von Religions-anhängern zur Einstellung von nuklearen Brennstoffkreislaufprojekten“ waren insgesamt 211 Personen, darunter buddhistische Mönche, Priester und andere Gläubige. Es geht um die For-derung gegenüber der Angeklagten, nämlich der Japan Nuclear Fuel Limited, die Wiederauf-bereitungsanlage Rokkasho einzustellen. Kern der Forderung bildet die Überzeugung, dass eine lebensgefährdende Atompolitik gegen die japanische Verfassung, die ein Leben in Frieden garantiert, und zudem auch gegen ethische Grundsätze verstoße. Zudem wird von der Gruppe auch vorgebracht, dass nicht noch mehr Atommüll für die künftigen Generationen hinterlassen werden darf und dass es das Recht und die Verantwortung für das Leben in der Zukunft gibt.

Durch mein Leben in Fukushima bin ich seit kurz nach der Dreifachkatastrophe am 11. März vielen Menschen, darunter vor allen Dingen vielen Müttern begegnet, denen durch den AKW-Unfall das Recht auf ein Leben in Frieden genommen wurde.

Ich habe mich der Gruppe der Kläger angeschlossen, da ich überzeugt davon bin, dass wir die Tränen der Mütter nicht vergessen dürfen und dafür sorgen müssen, dass nie wieder Men-schen diese Art von Tränen vergießen müssen.

Atomkraft und Leben können nicht koexistieren, und Gott oder Buddha schätzen kein Leben gering, auch nicht das von Menschen, die in der Atomkraftbranche arbeiten. Das ist mein Glaube, mit dem ich in diesem Fall kämpfe.

Der erste Tag der mündlichen Anhörung, der aufgrund der Corona-Situation verschoben wurde, wurde nun auf den 17.12. festgelegt. Der Prozess beginnt also in der Zeit, in der wirdie Geburt des Herren erwarten. Durch eine zweite Klage hat die Klägerseite 24 Personen dazugewonnen und besteht nun aus einer Gruppe von 235 Menschen. Bitte schließen sie die Überzeugung der Religionsanhänger und Gläubiger in Japan in ihr Gebet ein.

Terumi Kataoka, Sekretariat der Klägergruppe im Prozess der Religionsanhänger bzgl. des nuklearen Brennstoffkreislaufs



Risiko des atomaren Abfalls – aus dem Gerichtssaal im Bezirksgericht von Tokyo


Am 17. Dezember 2020, während die Zahl der mit COVID19 infizierten Menschen in Tokyo explodierte und die Zahl der Sitzplätze im Tokyoter Bezirksgericht begrenzt war, versammelten sich Kläger und Unterstützer aus Tokyo und der Nachbarschaft, um das erste mündliche Argument im von der religiösen Gruppe angestrengten Prozess um den Kernbrennstoff zu hören. Hiroyuki KAWAI, der Leiter des Verteidigungsteams, gab im Gerichtssaal eine Erklärung ab, und das Folgende ist ein Teil des "dieses Prozessgerüstes".

Eines der Hauptmerkmale dieser Klage ist, dass die einstweilige Verfügung darauf beruht, dass es nicht akzeptabel ist, gefährliche abgebrannte Brennelemente, insbesondere hochradioaktive Abfälle nach der Wiederaufbereitung, zukünftigen Generationen aufzuerlegen. In der Vergangenheit wurde dies nicht als Grund für eine Unterlassungsklage gegen Kernkraftwerke angesehen, weil man der Meinung war, dass es nichts mit dem Leben und der physischen Sicherheit der Kläger selbst zu tun hat. Es ist jedoch unangemessen, die Frage des "Un-Ethischen" nicht anzusprechen, die einer der beiden Hauptgründe ist, warum die Atomstromerzeugung gegen die japanische Verfassung verstößt. Es genügt nicht, dass der Mensch für sich selbst gut ist. Wir alle wollen das Glück zukünftiger Generationen, einschließlich unserer Kinder und Enkelkinder, sehen und schützen. Dies wird deutlich, wenn wir die Frage stellen: "Kann ein Mensch glücklich sein und mit Hoffnung leben, auch wenn er weiß, dass sein Leben zwar glücklich enden kann, aber dass die menschliche Rasse unmittelbar danach aussterben wird? Die Antwort ist nein. Der Mensch wünscht sich das Überleben und das Glück der zukünftigen Generationen. Und wir haben die Pflicht, sie zu schützen. Wenn wir eine Pflicht haben, dann haben wir ein Recht darauf, sie zu erfüllen und zu verwirklichen. Wir nennen es das 'Recht auf Leben'.

In seiner Stellungnahme an die Kläger zitierte einer der Co-Vorsitzenden, Tetsunori NAKAJIMA, die deutsche Ethikkommission, die fragt, wer das Risiko des radioaktiven Abfalls denn tragen sollte. An dieses "Recht auf Leben" wird in Übereinstimmung mit dem Standpunkt der religiösen Gläubigen in Deutschland appelliert werden. Es ist ein Anspruch, auf den man sich berufen kann und sollte, weil wir religiös gläubig sind.
15.02.2021
Terumi KATAOKA
(zuerst veröffentlicht im InfoBrief 2021-1 der DOAM)