Begegnung in Songnam - 25.5. - 6.6.1998

Partnerschaft Weingarten (Baden) - Jumin-Gemeinde (Korea)

(Zwei Berichte)

 

Ein Bericht

Bei der Jumin-Gemeinde in Songnam (Südkorea)

Sicher erinnern sich einige von Ihnen noch an die Gruppe aus Südkorea, die vor zwei Jahren unsere Kirchengemeinde besuchte. Vor allem das kleine Gemeindefest, bei dem es viele herzliche Begegnungen gab, wird noch in Erinnerung sein. Da wir seit dieser Zeit Kontakt nach Südkorea pflegen, gehörte unsere Familie zu der Gruppe von neun Personen, die vom 24. Mai bis zum 6. Juni die Jumin-Gemeinde in Songnam bei Seoul besuchte. Von ihr bringen wir viele Grüße mit nach Weingarten. Wir spürten ihre Freude über unseren Besuch und wie wichtig für sie die Verbindung zu unserer Gemeinde ist.

Zu Beginn unseres Aufenthaltes in Korea besuchten wir zwei Städte im Südwesten des Landes, Kwangju und Mokpo. In Kwangju wurde uns recht deutlich, wie grausam die Militärdiktaturen früherer Jahre in Südkorea mit jeglicher Demokratiebewegung umgegangen waren. Wir besuchten den Friedhof der Opfer des Massakers vom 18. Mai 1980, an dem Hunderte von Menschen ermordet worden waren. In Mokpo, etwa 50 km von Kwangju entfernt, hatten wir Einblick in die Lebensgemeinschaft der einzigen evangelischen Diakonieschwestern Koreas.

Zurück in Songnam wurden wir mit einem Willkommens-Gottesdienst herzlich von der Jumin-Gemeinde begrüßt. Groß war für uns die Freude fast alle wiederzusehen, die in Weingarten waren. Jeden Abend war unsere ganze Gruppe von einem Gemeindeglied zum Essen eingeladen. Immer gab es ein Festessen, wie es sicher sonst nicht üblich ist. Übernachtet haben wir alle bei Gemeindegliedern, die uns aufnahmen, als wären wir aus der gleichen Familie. So hatten wir auch die Gelegenheit, über die offiziellen Termine hinaus miteinander ins Gespräch zu kommen. Hierbei wurde uns deutlich, daß die mögliche Wiedervereinigung die Menschen am meisten bewegt. Neben dem Kennenlernen der koreanischen Kultur erfuhren wir auch viel über die Jumin-Gemeinde.

Die Jumin-Gemeinde setzte sich in der Vergangenheit für die Demokratisierung und die Umsetzung der Menschenrechte ein. So ist es nicht verwunderlich, daß Pfarrer Lee Hae-Hak mehrfach im Gefängnis war, weil er öffentlich anklagte. Das große Ansehen, das Herr Schneiss nicht nur in Songnam genießt, ließ uns die Bedeutung seiner Arbeit erkennen. Nach der Wahl von Kim Dae-Jung zum Präsidenten Südkoreas im März diesen Jahres sehen unsere Freunde nun einer wirklichen Demokratisierung entgegen.

Wir lernten Einrichtungen der Jumin-Gemeinde kennen, die die Ausrichtung der Mission deutlich werden lassen: Es gibt die „Credit Union“, eine genossenschaftlich organisierte Bank, die den Mitgliedern in Finanz- und Wirtschaftsfragen Hilfe leistet. Eine Verbrauchergemeinschaft setzt sich für eine gesunde Ernährung verbunden mit umweltschonender Lebensmittelerzeugung ein. Im „Migrant Workers House“ bietet die Jumin-Gemeinde Gastarbeitern kurzfristige Unterkunft, hilft bei Problemen am Arbeitsplatz, gibt Sprachkurse und bietet medizinische Betreuung. Zur Zeit wohnen etwa 80 Personen in vier Räumen mit einer Dusche und zwei Toiletten, was immer noch besser ist, als auf der Straße zu leben.

Gerade beim „Migrant Workers House“ wurde uns deutlich, wie diese Gemeinde für andere da ist. Das kommt schon beim Anblick ihres Kirchengebäudes zum Ausdruck: Äußerlich von einem Wohnhaus nicht zu unterscheiden, sind im Keller die Gastarbeiter untergebracht, im Erdgeschoß befindet sich das Büro und der Gottesdienstraum, der sehr einfach eingerichtet ist, und im Obergeschoß wird nach jedem Sonntagsgottesdienst für die ganze Gemeinde gekocht und zusammen gegessen. Diese Gemeinschaft erfuhren wir auch nach dem Pfingstgottesdienst, in dem Herr Schneiss die Predigt hielt und wir zu-sammen Abendmahl feierten. In diesem Gottesdienst bekamen wir alle die Medaille der Jumin-Gemeinde überreicht. Auf ihr sind vier Menschen symbolisiert, die sich die Hände reichen. Dazwischen stehen die Worte: Gerechtigkeit, Wiedervereinigung, Gemeinschaft und Leben. Grundsätze, für die sich die Gemeinde einsetzen will.

Wir haben bei der Jumin-Gemeinde viel Erfahrungen gewonnen, die uns in unserem Alltag hier in Weingarten sehr wertvoll sind. Wir sind froh darüber, daß unsere Kirchengemeinde diesen Kontakt hat.

Brigitte und Bernd Breitenstein

(Quelle: Gemeindebrief)

 

Reisebericht
Quelle: "Turmberg-Rundschau" Weingarten

Zu Gast in Südkorea

Vom 24. Mai bis zum 6. Juni 1998 besuchte eine Gruppe von neun Personen der evangelischen Kirchengemeinde Weingarten die Jumin-Gemeinde in Songnam bei Seoul. Dort hat man uns nicht nur überaus herzlich betreut, sondern auch ein reichhaltiges und interessantes Programm ausgearbeitet, was die Reise für uns zu einem großen Erlebnis werden ließ. Wir lernten aber nicht nur die Jumin-Gemeinde kennen, sondern sahen auch viel von der koreanischen Kultur: buddhistische Tempel, Museen, alte Festungsanlagen und eine Töpferei, in der die traditionelle Töpferkunst gepflegt wird. Zwei Tage waren wir an der Ostküste, wo wir an der Grenze zu Nordkorea die Teilung des Landes vor Augen hatten. Von der Jumin-Gemeinde bringen wir herzliche Grüße mit nach Weingarten. Wir spürten ihre große Freude über die Verbundenheit mit Pfarrer Schneiss und die freundschaftlichen Kontakte mit unserer Gemeinde. Am Pfingstsonntag haben wir zusammen einen feierlichen Gottesdienst erlebt und das Abendmahl gemeinsam gefeiert.

Zu Beginn unseres Aufenthaltes in Korea standen für uns erst einmal zwei Städte im Südwesten des Landes auf dem Programm. So flogen wir gleich am ersten Abend von Seoul weiter nach Kwangju. Am 18. Mai 1980 wurde in Kwangju die Demokratiebewegung vom Militär blutig und grausam niedergeschlagen. Hunderte von Menschen kamen dabei ums Leben, immer noch sind einige vermißt. Wir besuchten den Friedhof der Opfer, wobei wir von einem Pfarrer aus Kwangju auch viele Einzelschicksale erfuhren, die uns sehr betroffen machten. Gleich neben dem Friedhof wurde nun eine Gedenkstätte errichtet, nachdem die Ereignisse von Kwangju lange Zeit von offizieller Seite totgeschwiegen worden waren.

Etwa 50 km von Kwangju entfernt liegt Mokpo, wo wir bei den einzigen evangelischen Diakonieschwestern Koreas zu Gast waren. Sie nahmen uns sehr freundlich auf und berichteten uns von ihrer Arbeit: Sechs Frauen taten sich 1980 zusammen, um eine Form gemeinsamen Lebens im Glauben und im Dienst an den Menschen zu finden. Heute gehören zu den Arbeitsschwerpunkten der inzwischen neun Schwestern die Betreuung TBC-kranker Menschen, ein Kindergarten für behinderte Kinder und die Betreuung von Slumbewohnern.

Zurück in Songnam wurden wir mit einem Willkommens-Gottesdienst herzlich von der Jumin-Gemeinde begrüßt. Wir waren alle bei Gemeindegliedern untergebracht, die uns aufnahmen, als wären wir aus der gleichen Familie. So lernten wir um so schneller das koreanische Leben kennen: Schon morgens wird in vielen Familien warm gegessen, das heißt Reis, Kimtschi, Fleisch oder Fisch, Salat, scharfe Soßen... Außerdem lernten wir schnell, mit Stäbchen umzugehen, denn Gabel und Messer gehören nicht zum koreanischen Gedeck. Wir erlebten, daß man selbst Nudelsuppe mit Stäbchen essen kann. Auch waren wir überrascht, daß fast alle Mahlzeiten am Boden sitzend eingenommen werden. Geschlafen wird meist auf dem Boden auf dünnen Steppdecken.

Die Jumin-Gemeinde ist eine für unsere Maßstäbe kleine Gemeinde mit 150 Mitgliedern, die allerdings eine Aufgabenvielfalt bewältigt, die uns nur staunen ließ. Neben den ureigenen Aufgaben einer Kirchengemeinde wie Gottesdienste, Sonntagsschule und Verwaltung stellen sich die Kirchenmitglieder die schwierige Aufgabe, aktiv für die Demokratisierung und die wirkliche Umsetzung der Menschenrechte einzutreten. Die Ereignisse in Kwangju haben uns vor Augen gehalten, was dies bedeutet.

Daneben haben sich innerhalb der Jumin-Gemeinde noch weitere Organisationen entwickelt. Es gibt die „Credit Union“, eine genossenschaftlich organisierte Bank, die den Mitgliedern in Finanz- und Wirtschaftsfragen Hilfe leistet. Ihr Grundsatz heißt: „Gegenseitige Hilfe“. So kommt es, daß die Bank nicht nur Darlehen oder Stipendien vergibt, sondern z.B. auch Beerdigungskosten übernimmt.

Mitglieder der Jumin-Gemeinde haben auch eine Verbrauchergemeinschaft gebildet. Ihr Anliegen ist eine gesunde Ernährung verbunden mit umweltschonender Lebensmittelerzeugung. So werden dort biologisch angebaute Nahrungsmittel bzw. durch Recycling gewonnene Waren zu lediglich die Unkosten deckenden Preisen gehandelt.

Bedrückend war für uns der Besuch des „Migrant Workers House“. Dort bietet die Jumin-Gemeinde Gastarbeitern kurzfristige Unterkunft. Sie hilft bei Problemen am Arbeitsplatz und gibt Sprachkurse. Viele von ihnen haben keine Krankenversicherung und erhalten dort einmal pro Woche kostenlos medizinische Versorgung. Zur Zeit wohnen etwa 80 Personen in vier Räumen, davon ist einer ein Frauenraum. Sie teilen sich eine Dusche und zwei Toiletten.

Von der Jumin-Gemeinde unterstützt wird auch eine Einrichtung für Frauen, das „Ladies Telephone“. Mit verursacht durch die schwache Stellung der Frauen in der koreanischen Gesellschaft, gibt es viele, die unter Gewalt in der Ehe leiden oder allein erziehend und arbeitslos sind. In diesem Zentrum erhalten sie Beratung und auch qualifizierte Ausbildungen für verschiedene Berufe und Tätigkeiten in der Familie.

In allen Bereichen konnten wir sehen, daß der christliche Glaube unmittelbar und direkt umgesetzt wird in soziales Engagement, Bewahren der Schöpfung und Dienst an den Mitmenschen. Am Montag, den 20. Juli, werden wir um 19.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus Dias zeigen und ausführlicher berichten. Dazu sind Sie alle recht herzlich eingeladen.

Partnerschaften

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zwischen Gemeinden

Derzeit gibt es Partnerschaften zwischen einer deutschen Kirchengemeinde und einer Kirchengemeinde in Ostasien u. W. nur eine funktionierende: die zwischen Weingarten/Baden und Jumin-Church in Songnam, Südkorea.

jumin logoJumin-Kirche

regionale Partnerschaften

Unseres Wissens gibt es hiervon im südwestdeutschen Raum drei Partnerschaften:
1. Region Nordbaden, d.i. Heidelberg, Lützelsachsen und Weinheim mit drei Kirchengemeinden in Südkorea
2. Region Pfalz: d.i. die Evang. Kirche der Pfalz unterhält zum Kirchenbezirk Yongdongpo in Seoul enge Beziehungen
3. Region Südhessen: d.i. der Bezirk Süd-Starkenburg unterhält eine Partnerschaft zum Kirchenbezirk Kwangju in Südkorea.