40 Jahre:

Das Schuldbekenntnis der Vereinigten Kirche Christi in Japan für ihr Verhalten während des Zweiten Weltkriegs
26. März 1967 - 26. März 2007

KAINO Nobuo, Der Entwurf des Kriegsschuldbekenntnisses des Kyodan (1967) | pdf
MORINO Zenemon, Die Aufnahme und Entwicklung des Schuldbekenntnisses | pdf  
TAIRA Natsume, Das Schuldbekenntnis als eine Herausforderung | pdf
FUKASAWA Shou, "40 Jahre Wüste" und "40 Jahre Kriegsschuldbekenntnis" | pdf
SHOJI Tsutomu, Gedanken zu 40 Jahren Schuldbekenntnis des Kyodan | pdf
KONDO Katsuhiko, "Schuldbekenntnis... - Bedeutung und Probleme" | pdf

Schuldbekenntnis: Gedanken zu 40 Jahren Schuldbekenntnis des Kyodan

Gedanken zu 40 Jahren Schuldbekenntnis des Kyodan

SHOJI Tsutomu

1.
Der direkte Anlass für die Veröffentlichung des „Schuldbekenntnisses der Vereinigten Kirche Christi in Japan für ihr Verhalten während des Zweiten Weltkriegs“ (kurz: Schuldbekenntnis) am Ostersonntag 1967 war der Anfang der Beziehungen mit den Kirchen in Korea.

Im August 1965 wurde der grundlegende Vertrag zwischen Japan und Korea unterzeichnet. Im September wurde erstmals der Moderator des Kyodan, Pfarrer OMURA Isamu , der dann auch den NCC zu vertreten hatte, von der Synode der Presbyterianischen Kirche in Korea eingeladen. Damals haben die Synodalen, als sie vom Grußwort von Moderator OMURA in der Tagesordnung lasen, lautstark dagegen Einspruch erhoben. Moderator OMURA wurde von der Synodenleitung in ein Nebenzimmer geführt, wo er drei Stunden lang warten musste. In der Zwischenzeit wurde in der Synode heftig debattiert. Mit der knappen Mehrheit von einer Stimme wurde er danach zur Synode zugelassen und durfte sein Grußwort sprechen. OMURA hat gesagt, dass er über das Böse, das Regierung und Volk getan hatten, als (Vertreter der) japanischen Kirchen Buße tun und sich entschuldigen wolle, er hat sich tief verbeugt und die Bitte um Verzeihung ausgesprochen. Die angespannte Atmosphäre in der Synode hat sich dann plötzlich gewandelt: die Synodalen erhoben sich alle und antworteten mit großem Applaus. Pfarrer LEE In Ha war als Übersetzer ebenfalls auf der Bühne und berichtete von diesem emotionsgeladenen Ereignis: „Das war ein Zeugnis von der Präsenz des Heiligen Geistes, wie von Christus versprochen.“ (LEE In Ha, Leben in einer Falte der Geschichte, Verlag des Kyodan)

Aber auch wenn Pfr. OMURA sich für die Kriegsschuld (zaiseki) des Staates entschuldigt hat, kommt dies immer noch nicht einem Schuldbekenntnis der Kirche gleich. Gewiss, Pfr. OMURA hat gesagt, dass er sich als Vertreter der Kirche entschuldige, und die Synode hat dies auch bestätigt. Jedoch muss bei einem Schuldbekenntnis (zaiseki) das Subjekt ganz deutlich in Erscheinung treten. Darum hat im März 1967 der Moderator SUZUKI Masahisa zu Recht das Bekenntnis der „Kriegsverantwortung (zaiseki) des Kyodan“ im Namen des Moderators veröffentlicht. Damit wurde die Schuld der Kirche entschieden bestätigt, was unbedingt erforderlich war. Das „Kriegsschuldbekenntnis“ benennt „die Fehler, die im Namen des Kyodan begangen wurden“: der damalige Krieg war gut geheißen worden, für den Sieg war gebetet worden und das alles wurde nach innen und außen öffentlich erklärt, dazu wurde dem Staat gegenüber „der Auftrag des Wächteramtes auf unverantwortliche Weise“ vernachlässigt. Offen gesprochen, die Schuld für den Krieg ist als ganz eigene, konkrete Schuldverantwortung (zaiseki) bekannt worden.

2.
Erst als der Kyodan seine Schuld am Krieg öffentlich machte, wurden Begegnungen mit den Menschen in Asien möglich. Bis dahin waren für die Gemeinden des Kyodan die Menschen aus Asien nichts anderes als ein Gegenstand der Verachtung, der Nichtbeachtung oder der Ausbeutung. Darum war auch eine gleichwertige persönliche Beziehung fast unmöglich gewesen. Obwohl die Menschen und Kirchen in Asien um der Verteidigung Japans willen viel erlitten haben, hat die japanische Kirche kaum ein Interesse an ihnen gezeigt. Die Menschen und die Kirchen in Asien wurden nicht als Menschen und Kirche gesehen. Diese Tatsache wurde auf grauenhafte Weise durch den an Ostern 1944 im Namen des Oberhauptes des Kyodan versandten Briefes: „Der Brief der Vereinigten Kirche Christi in Japan an die Christen in der Großostasiatischen Wohlstandssphäre “. Die japanische Christenheit war dem Bushido eingepfropft worden, hat den Tennô hoch gepriesen hat, hat mit Fleiß den Krieg und die Errichtung der Großostasiatischen Wohlstandssphäre vorangetrieben und dafür die Brüder und Schwestern in Ostasien zum gemeinsamen Kämpfen aufgefordert. Die Autoren des Briefes waren sich des obersten Herrn bewusst, der von ihnen diese Zusammenarbeit für den Krieg forderte. Dieser Brief soll zeigen, dass sie nicht einer feindlichen Religion angehören, sondern treue Untertanen sind. Man hat damals keinen Gedanken daran verschwendet, dass die Christen Asiens gegen die Invasionen Japans schwer gekämpft haben. Schon der Wortlaut des Briefes ist eine Bedrohung.

Um diesen Brief ungeschehen zu machen wurde das Schuldbekenntnis wieder am Ostertag im Namen des Moderators des Kyodan veröffentlicht. Darum bittet das Bekenntnis „gegenüber der Welt, insbesondere gegenüber den Ländern Asiens und hier speziell den Kirchen und Brüdern und Schwestern, aber auch gegenüber unseren Landsleuten von Herzen um Vergebung“ bitten und betont dabei besonders Asien. Die Kirche in Japan hat, als sie der koreanischen Kirche begegnete, von sich aus die Schuldfrage (tsumi=zai) aufgegriffen und die Schuld öffentlich benannt. Damit haben wir begonnen, die koreanischen Kirchen und Christen sowie die Menschen in Korea einschließlich der Menschen in Asien, nämlich den Andern, der weder verachtet noch ignoriert noch ausgebeutet werden darf, Menschen, deren Würde nicht verletzt werden darf, anzuerkennen. Schuld bestand darin, dass das Gegenüber nicht als Mensch mit einer eigenen Würde akzeptiert worden ist.

3.
In diesem Geschehen ist besonders bedeutsam, dass es hier Gericht und Vergebung gegeben hat. Pfr. OMURA Isamu musste in einem abgesonderten Raum drei Stunden lang warten. In der Zwischenzeit wurde der Raum für die Verhandlungen der Synode zum Gerichtsplatz - das muss ihm sehr zu Herzen gegangen sein. Pfr. OMURA ist dann dort gestanden und hat von Herzen um Vergebung gebeten. Man kann jedoch auch sagen, dass Vergebung der Buße und der Entschuldigung vorausgegangen waren. Bei diesem ersten Besuch eines Moderators des Kyodan bei den koreanischen Kirchen hat die Koreanische Kirche in Japan eine entscheidende Vermittlerrolle übernommen und so die Begegnung überhaupt erst zustande gebracht. Auch dass Pfr. LEE In Ha übersetzt hat gehört hierher. Während des Krieges war sie (die Kirche) mit Gewalt von der japanischen Kirche absorbiert und ihre Gottesdienste in der eigenen Muttersprache verboten worden. Daraus hat sich während der vergangenen 65 Jahre die Abneigung gegenüber den Japanern hier am stärksten entwickelt. Um der Versöhnung zwischen japanischen und koreanischen Kirchen willen haben sie Moderator OMURA mit den wichtigsten Denominationen in Korea zusammengebracht. Wäre das denn ohne eine großherzige Vergebung möglich gewesen? Und auch die Tatsache, dass die Koreanische Christliche Presbyterianische Versammlung - sie hatte sich scharf gegen eine Aufnahme staatlicher Beziehungen ohne vorausgegangene Entschuldigung gewandt - die Entschuldigung (shazai) von Moderator OMURA angenommen hat, ist ein großes Zeichen der Vergebung. Von daher ist auch zu verstehen was Pfarrer LEE In Ha meinte, wenn er sagt: „Ein Zeugnis für die Präsenz des Heiligen Geistes“. Mit anderen Worten: Gott hatte Versöhnung aufgrund von Gericht und Vergebung schon vorbereitet. Wir können sagen, dass wir auch das „Kriegsschuldbekenntnis“ als ein Geschenk erfahren.

4.
Gericht und Vergebung waren die Einladung zu neuen Beziehungen. Der Kyodan hat mit den drei Denominationen in Korea, der Koreanischen Presbyterianischen Kirche Jesu , der Christlichen Koreanischen Methodistischen Kirche und der Koreanischen Presbyterianischen Kirche Christi , dazu noch mit der Koreanischen Kirche Christi in Japan eine Missionsvereinbarung geschlossen. Die Kirchenbezirke und Gemeinde des Kyodan haben einen Austausch und andere Begegnungen mit den Gemeinden und Kirchenbezirken der Partner begonnen. Auch die Beziehungen zur Kirche auf Okinawa und in Taiwan wurden durch dieses „Kriegsschuldbekenntnis“ eröffnet.

Jedoch, Vergebung ist in diesem Fall nicht das, was nach der Weise „wir haben uns schon entschuldigt“ geschieht, womit man nur eine Begnadigung für sich selbst herausholen will. Wenn der Täter sich entschuldigt und Vergebung erhalten hat, wenn er in Gegenseitigkeit die Würde des anderen ernst nimmt, wenn er als gleichberechtigte Person mit dem Opfer Gemeinschaft hat, dann erst wird ihm bewusst, wie der Schmerz, der aus der Nichtbeachtung der Würde dieses anderen kommt, und das Leid zu verstehen sind. Auch wenn das Opfer die Entschuldigung entgegengenommen und Vergebung zurückgegeben hat, auch wenn der Zorn verraucht ist, so lösen sich die Verletzungen an Herz und Körper doch nicht einfach auf. Wir müssen weiterhin die Tatsache, Täter zu sein, als unsere Schuld erinnern und tragen. Die Würde des anderen zu verletzen ist eine schwerwiegende Last.

Glücklicherweise haben wir Buße getan und dürfen leben als Menschen, denen Vergebung zuteil worden ist. Die Gemeinschaft mit den Menschen der Koreanischen Kirche in Japan, das Eintreten für die Menschenrechte von in Japan lebenden Koreanern aus Nord- und Südkorea, die Solidarität mit der Demokratiebewegung des koreanischen Volkes sowie die Selbstkritik an unserer Geschichte - durch all dies haben wir gelernt. So leid es mir tut: Fehler aus Nichtwissen und fehlende Sensibilität waren unverzichtbare Lernschritte.

5.
Die Kirche der Koreaner in Japan ist selbstverständlich für in Japan lebende koreanische Menschen da. Aber sie sind gleichzeitig auch ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes uns gegenüber. Diese Kirche wurde als Folge der Kolonisierung durch Japan zu einer Kirche „in Japan“, sie ist in ihren Leiden Christus begegnet, ihre Christen sind in der Nachfolge Christi Landsleute in Japan und leben in der japanischen Gesellschaft zusammen mit den Geringsten. Eine solche Kirche lädt auch uns ein, zusammen mit ihr Christus nachzufolgen. Das Korea Christian Center KCC in Osaka, das RAIK in Tokyo und das Korea Christian Center Südwest in Kyushu - in diesen drei Institutionen wird das Zusammenleben der Kirchen praktisch umgesetzt.

Seit 1970 haben die Christen in Korea 20 Jahre lang an der Spitze der Demokratiebewegung gestanden und gekämpft. Unvermittelt und wie ein riesiger Berg kam ihre Gestalt in den Blick, sie hat uns überrascht und wir haben sie unterstützt. Diese Begegnung ist nicht beschränkt auf eine kleine Zahl von Persönlichkeiten, sie wurde zu einer Erfahrung massenhafter Beteiligung von Kirchen und Bürgerinitiativen. Darüber hinaus betrifft die Würde des Einzelnen nicht nur die Führer der Demokratisierung, sondern alle Bürger, auch die sog. Trostfrauen , die vom japanischen Militär in ganz Asien manipuliert worden waren. Das hat uns tief betroffen gemacht. Diese Frauen haben selber für ihre Würde und die Gerechtigkeit Anklage erhoben. Durch sie wurde erstmals öffentlich und für die internationale Welt eine „Schuld des Tennô“ festgestellt. (Dezember 2000, Women’s International War Crimes Tribunal on Japan’s Military Sexual Slavery by Japan kurz: Women’s Tribunal 2000).

6.
Aber das heutige Japan bewegt sich genau in der der Versöhnung und dem Zusammenleben entgegen gesetzten Richtung. Weshalb wohl? Japan hat nach dem Krieg die Kolonien verloren, den Kolonialismus aber nicht auf den Prüfstand gestellt. Vielmehr wurden die in Japan lebenden Süd- und Nordkoreaner diskriminiert und Nordkorea gegenüber Geringschätzung und Feindseligkeit sorgfältig gepflegt. Der Fehler daran ist, dass sowohl die Regierung als auch unser Volk die Würde des Anderen nicht anerkannt hat, so dass die Menschen zu Gegenständen der Machtpolitik wurden. Das wurde dem Volk schlicht übergestülpt.

In diesem Rahmen lebend hat Japan sein Gesicht heimlich vom Nachbarn abgewandt. Und das gehört zu unserer Lebensart. Das müssen wir als unsere Schuld bekennen. Buße ist die Umkehr zu einer aufrichtigen Beziehung, ist ein neuer Anfang.

SHOJI Tsutomu ist Pfarrer des Kyodan, Vorsitzender des Vorstandes des Koreanischen Museums in Tokyo (eine Non-Profit-Organisation). In den 80er Jahren war er Generalsekretär des NCCJ.

Kyodan/Schuldbekenntnis

Kyodan - Vereinigte Kirche Christi in Japan

1941 Gründung unter staatlichem Zwang

1954 Glaubensbekenntnis

26. März 1967 Schuldbekenntnis bezüglich der Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg

Als pdf-Dateien:
Stuttgarter Erklärung
Darmstädter Wort

Die Stuttgarter Erklärung von 1945
Text von der Homepage der Markuskirche in Stuttgart

Das Darmstädter Wort von 1947
Text aus Wikipedia.

Christen und Kriegsschuld
von KAWADA Takero

Vor einiger Zeit hat ein junger Parlamentarier bezüglich Japans Kriegsschuld gesagt: „Den Krieg habe ich nicht gemacht“ und damit eine große Diskussion in Gang gesetzt. Für mich ist es ein seltsames Gefühl meine Identität als Japaner vom Krieg zu trennen.

Dinge, die in der Welt passieren, haben auch irgendwie Einfluss auf mich. Solange diese Phänomene mich berühren, ich ehrlich mit ihnen kämpfe, verändert sich ihr Einfluss zum Guten.

Die Vereinigte Kirche Christi in Japan (Kyodan) hat während der Weltkriegszeit den Krieg aktive befürwortet. Trotz oder wegen seiner Gründungsgeschichte (Zwangvereinigung der japanischen protestantischen Christen durch die damalige Regierung) kann der Kyodan Fehler, die der Staat macht, übersehen, da er ja selber Teil des modernen japanischen Staates ist.

Das Christentum hat einen engen Zusammenhang sowohl mit den Kreuzzügen als auch mit dem heutigen Irakkrieg. Es ist also unmöglich als Christ frei von Kriegsschuld zu sein.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Japan ein reiches und wohlhabendes Land geworden. Aber im Hintergrund gab es stets den „Kalten Krieg“. Japan macht also immer noch Krieg. Als selbstbewusster Mensch, sollte man bereit sein, seine eigene „Kriegsschuld“ einzugestehen.

KAWADA Takero ist Mitglied in der Shirota-Gemeinde des Kyodan.
Aus: Fukuin to Sekai 3/2007, S. 52.

BAPTIST CONVENTION
テスト連盟

Die Japanese Baptist Convention ist eine von zwei baptistischen Kirchen in Japan. Beide gehören zum Nationalen Christenrat (NCCJ).

1889 erste Missionare aus USA

1941 Zwangsvereinigung mit dem Kyodan

1947 schliessen sich 16 Gemeinden in Fukuoka zur Japanese Baptist Convention zusammen

1979 Bekenntnis des Glaubens

2002 Friedenserklärung - ein Glaubensbekenntnis

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