2021: "Baut Brücken zu unseren Nachbarn anderen Glaubens"

"Schaut hin" lautet das Leitwort für den 3. Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt am Main.
12. - 16. Mai 2021.

20210330 aufruf zum dekt2021
15.05.2021 PRESSEMITTEILUNG
Festveranstaltung zum 3. Ökumenischen Kirchentag
Bundespräsident appelliert:
"Baut Brücken zu unseren Nachbarn anderen Glaubens"


Mit einem einstündigen Festakt würdigten die Veranstalter des Ökumenischen Kirchentags am gestrigen Abend die vielen Menschen aus Politik, Kultur und Kirchen, die den Kirchentag möglich gemacht hatten.

Frankfurt am Main, 15. Mai 2021 – "Allen Widrigkeiten zum Trotz", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Videobotschaft zum Festakt, finde dieser 3. ÖKT statt, und das sei gut so. Denn ihn beschleiche "die bange Frage, ob es je wieder ein Zurück zur Normalität gibt. Ob die Pandemie dem Prozess der Säkularisierung zusätzlichen Schub verleiht, die Kirchen aus der Mitte der Gesellschaft drängt." Christinnen und Christen aber müssten unbedingt hörbar und sichtbar bleiben, "um gegen die zunehmenden Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft anzugehen. Ob es die Pandemie ist, der Kampf gegen den Klimawandel, die Frage der Zuwanderung – ich sehe mit Sorge, dass die Auseinandersetzungen in unserem Land mit immer größerer Erbitterung geführt werden", sagte der Bundespräsident. Es brauche jetzt Menschen, die "Brücken bauen zu unseren Nachbarn anderen Glaubens, die das Gespräch suchen, die Vorurteilen und Feindbildern entschieden entgegentreten". Damit nahm er indirekt auch Bezug auf die aktuellen antisemitischen Ausschreitungen in mehreren Städten Deutschlands.

Die Pandemie habe bislang gezeigt, dass engagierte Christinnen und Christen ein ganz persönliches Veto sprechen und leben könnten gegen menschenverachtende Selbstermächtigung. Nicht zuletzt erinnerten sie daran, "dass das menschliche Leben unverfügbar ist, dass Krankheit und Tod dazu gehören und unsere Gesellschaft Schaden nimmt, wenn wir sie an den Rand zu drängen versuchen. Ich danke all denen, die, ob als Seelsorger oder Gemeindeglieder, in der Pandemie den Kranken, den Sterbenden und den Hinterbliebenen zur Seite gestanden haben."

Steinmeier warf auch schon den Blick voraus auf den Samstagabend beim Ökumenischen Kirchentag, an dem Gemeinden Menschen anderer Konfessionen zu ihrem Gottesdienst und zur Mahlfeier einladen. Es sei an der Zeit, "die Spaltung der Kirche zu überwinden", sagte Steinmeier. "Wie will man die Stadt auf dem Berge sein, Botin des Friedens, wenn Mauern diese Stadt trennen und wir nicht geduldig versuchen, sie einzureißen, so ein Beispiel versöhnter Vielfalt zu sein?" Zu wünschen sei, dass von diesem 3. Ökumenischen Kirchentag in Deutschland "ein Signal der Ermutigung und des Aufbruchs ausgeht".

"Die Menschen brauchen Orientierung", lautete auch die Botschaft des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier. Er erinnerte im Saal Horizont auf der Messe Frankfurt mit Entsetzen daran, "was wir gestern erlebt haben, das Flaggenverbrennen vor Synagogen". Diesen Ausschreitungen in mehreren Städten Deutschlands müsse der Ökumenische Kirchentag ein starkes Wort entgegensetzen – und habe es ja auch getan. Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann beschwor die Friedenspotenziale, die im Zusammenleben in Vielfalt liegen: "Frankfurt ist eine besondere Stadt". Man jongliere seit langem erfolgreich mit "180 Nationen und 200 Sprachen" und komme friedlich miteinander aus.

Von der Vielfalt und den besonderen Initiativen in Frankfurt gaben drei Frauen Zeugnis, deren Botschaften einen Eindruck von den Potenzialen der Stadt für den Zukunftsdiskurs gaben. Claudia Müller vom Female Finance Forum ermunterte dazu, mit Geld Gutes zu tun. Tina Müller-Bergmann von der Sozialberatung der Caritas beschrieb, wie wichtig "Menschenstärker" gerade in diesen Zeiten seien. Und Nura Froemel vom Rat der Religionen gab einen Eindruck davon, was Frankfurt sich mit der Installierung dieses Rates vor mehr als zehn Jahren Gutes getan hat.

Auch die gastgebenden Kirchen hatten ihre Stimmen in der Festveranstaltung. Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, griff das Leitwort des ÖKT; "schaut hin", auf. Im Markusevangelium werde beschrieben, wie viele satt würden, obwohl nur wenig Brot und Fische da seien. So sei christliches Leben zu führen: "Schaut hin, was ihr lebt, und vertraut darauf, dass alle etwas davon haben." Der Limburger Bischof Georg Bätzing sagte: "Wir müssen hinschauen auf die großen Fragen der Gerechtigkeit." Teilen sei auch ein Thema bei den Gottesdiensten, die am Samstagabend in Frankfurt gefeiert würden: "Kommt und seht!" Erzpriester Radu Constantin Miron, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK), übersetzte die Buchstaben der ACK augenzwinkernd neu: "authentisch – charismatisch – kollegial".

Die gastgebenden Kirchen hatten aus Anlass des Ökumenischen Kirchentags ein Oratorium in Auftrag gegeben. Unter dem Titel EINS geht es der Frage nach, wie das Christentum entstand und welche Vielfalt in den Anfängen zu finden sind. Landeskirchen-Musikdirektorin Christa Kirschbaum berichtete, dass vor 11 Wochen entschieden worden sei, die Uraufführung – die dem Festakt unmittelbar folgte – komplett digital zu machen. Solistin Anna Prokop erzählte von ihrer Rolle: Als Journalistin Julia reist sie in die Vergangenheit, um die Anfänge zu verstehen. Sie trifft Petrus und Paulus, aber auch die Diakonin Junia, und geht der Frage nach, "was diese Christen eigentlich wollen".
Dankbar zeigten sich die Präsidentin und der Präsident des 3. ÖKT dafür, dass ein steiniger Weg hin zum ÖKT sich gelohnt habe: "Schaut hin! Es ist geschafft: Wir sind in Frankfurt und feiern den 3. Ökumenischen Kirchentag digital und dezentral", sagte Thomas Sternberg. Und Bettina Limperg ergänzte: "Wir wollten dieses Zeichen der Hoffnung setzen in einer Zeit, in der unser aller Leben von einem gefährlichen Virus bedroht ist, in der unsere Geduld so hart auf die Probe gestellt wird und in der viele Menschen vom Schicksal schwer getroffen wurden." Die Violinistin Jooni Hwang gab diesem Energieschub mit ihren musikalischen Einlagen jenen Drive, der durch den Ökumenischen Kirchentag tragen wird.

Der 3. Ökumenische Kirchentag ist anders – digital und dezentral. Vom 13.-16. Mai 2021 werden rund 100 digitale Veranstaltungen aus Frankfurt gesendet. Begleitet von rund 300 Aktionen und Gottesdiensten in ganz Deutschland ergeben sich vielfältige Themen und Formen von Begegnung. Das Programm auf oekt.de ist frei zugänglich. Um alle Angebote vollumfänglich nutzen zu können, ist die Freischaltung eines kostenlosen, digitalen Tickets notwendig. Bei einzelnen Veranstaltungen ist die Teilnehmendenzahl begrenzt.

Der ÖKT wird veranstaltet vom Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Nach 2003 in Berlin und 2010 in München findet der Ökumenische Kirchentag 2021 zum dritten Mal statt. Eingeladen wurde der ÖKT vom Bistum Limburg, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen. Unterstützung erfolgt durch die gastgebenden Kirchen, der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, den Bistümern Fulda und Mainz sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hessen-Rheinhessen (ACK).