Begegnungstagung 2008: Nord-Südkorea

Korea - Frieden, Wiedervereinigung, soziale Entwicklung

Modelle, Konzepte und Szenarien für die Zukunft der koreanischen Halbinsel
5. - 7. Februar 2008, Arnoldshain


Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklungszusammenarbeit auf der Koreanischen Halbinsel
Tagung mit Vertretern der Kirchen Nord- und Südkoreas

Bericht von Lutz Drescher

Gemeinsam mit dem Zentrum Ökumene der EKHN und der Evang. Akademie Arnoldshain hat das EMS vom 5.-7. Februar eine große deutsch koreanische Tagung zum Thema „Frieden, Wiedervereinigung und soziale Entwicklung Modelle, Szenarien und Konzepte für die Zukunft auf der Koreanischen Halbinsel“ veranstaltet.

Die Zahl von über 100 Teilnehmenden, unter ihnen drei Vertreter des Nordkoreanischen Christenbundes (KCF), 12 hochrangige VertreterInnen der 8 Kirchen Südkoreas, die dem nationalen Kirchenrat (NCCK) angehören, VertreterInnen von Kirchen, Missionswerken und kirchlichen Agenturen der Entwicklungszusammenarbeit der USA, Kanadas, der Schweiz, Englands, Deutschlands und weitere Koreainteressierte vor allem aus Partnerschaftsgruppen und aus koreanischen Gemeinden in der BRD zeigt, wie wichtig und aktuell dieses Thema ist. Während am ersten Tag eine Analyse der Situation und der Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel vor allem aus der Sicht deutscher Beobachter im Mittelpunkt stand, kamen am zweiten Tag Vertreter der Kirchen Süd- und Nordkoreas selbst zu Wort, gefolgt von einem Response aus Sicht des deutschen Außenministeriums und von Martin Schindehütte, dem „Auslandsbischof“ der EKD. Am Nachmittag folgten Berichte über vielfältige Kooperationen mit der DVRK im akademischen, politischen und humanitären Bereich, von denen man vor 10 Jahren kaum zu träumen gewagt hätte. Dabei wurde mehrfach angedeutet, dass internationale Zusammenarbeit im humanitären Bereich auch zu Wandlungsprozessen in der Volksrepublik beiträgt. So werden Erfahrungen einer anderen, weniger hierarchischen Kommunikation ermöglicht und auch mehr marktwirtschaftlich orientiertes Handeln eingeübt. An dieser Stelle wird sich das Rad der Geschichte nur schwerlich rückwärts drehen lassen. Zum Abschluss der Tagung gab es ein Podium mit Vertretern der Ökumene. Auch Andachten und Gottesdienste spielten eine große Rolle. So war es wichtig, dass gleich am ersten Abend ein Abendgebet stattfand, in dem Pfr. KANG Young Sup die Predigt hielt und somit auch öffentlich manifestiert wurde, dass er nicht nur ein Vertreter der Volksrepublik Korea ist, sondern eben auch ein Pfarrer. Dass „Compassion“ „Mitleidenschaft“ ein Motiv und Motor von Friedensarbeit ist, zeigte Ulrike Schmidt-Hesse die stellvertretende Generalsekretärin des EMS in ihrer Andacht zu Beginn der Passionszeit auf. Bewegend war der von Detlev Knoche vom Zentrum Ökumene vorbereitete Abschlussgottesdienst mit einem Abendmahl, dass von Pfrin. Chae Hae Won (Südkorea) und Pfr. RI Jong Ro (Nordkorea) zelebriert wurde.

Es war dies die erste öffentliche Tagung mit Christen aus Nordkorea und in gewisser Weise auch ein Wagnis. Bedeutend bei dieser Tagung war es, dass auch die umstrittenen Themen wie Nuklearprogramm und Menschenrechte offen auf den Tisch gelegt wurden. Es besteht die Hoffnung, dass Entspannung und Versöhnung sowohl im Blick auf die Menschenrechtsfrage wie auch auf die Nuklearfrage Veränderungen zur Folge haben werden. Immer wieder wurde in unterschiedlichsten Beiträgen betont, wie wichtig es ist, dass der seit 1953 bestehende Waffenstillstandsvertrag den die USA mit unterschrieben hat endlich in einen Friedensvertrag umgewandelt wird.

Im Anschluss an die Tagung fand dann mit vorbereitet von der EKD eine interne Sitzung statt, an der Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen Nord- und Südkoreas und der ökumenischen Gemeinschaft teilgenommen haben. Dabei wurde auch berichtet, in welcher Weise die Kirchen in Südkorea den KCF bisher unterstützt haben. Neben humanitärer Hilfe hat die Methodistische Kirche vor allem zum Neubau des Theologischen Seminars beigetragen, die PCK den Neubau der Pongsu Kirche in Pyongyang finanziert und die Full Gospel Kirche ein Herzchirurgisches Krankenhaus gebaut. Die Mitgliedskirchen des Nationalen Kirchenrates haben sich eindeutig zur Zusammenarbeit mit dem KCF bekannt, was insofern fast eine Sensation ist, als vor wenigen Jahren noch dem KCF gegenüber vielfach Misstrauens zum Ausdruck gebracht wurde. Von Seiten des KCF wurde für die vielfältige Hilfe und Zusammenarbeit im letzten Jahrzehnt gedankt und betont, dass sich dadurch die Stellung der Christen in der nordkoreanischen Gesellschaft entscheidend verbessert hat.

Gemeinsam wurde beschlossen in Zukunft im Rahmen eines „Ökumenischen Forums für Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklungszusammenarbeit auf der Koreanischen Halbinsel“ enger zu kooperieren.

Die Delegation des KCF hat in den letzten 3 Jahren kein Land so oft besucht wie Deutschland. Dies macht deutlich wie wichtig es ist, dass gerade wir als Deutsche, die Trennung und Wiedervereinigung erlebt haben und nie direkt am Konflikt auf der koreanischen Halbinsel beteiligt waren, uns weiterhin für Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklung auf der koreanischen Halbinsel engagieren.

Konferenzbericht

von Andreas Niederdeppe
vom Koreaverband im Asienhaus
Vollständiger Bericht als pdf: Hier.

Die Schaffung eines gerechten Friedens anstelle des „gerechten Krieges“

Dies war der Tenor der Tagung „Korea Frieden, Wiedervereinigung, soziale Entwicklung.

Modelle, Konzepte und Szenarien für die Zukunft der koreanischen Halbinsel“. DenTagungsgästen ging es um die Frage, welche Rolle die Kirchen bei der Ausgestaltung eines Friedensplanes einnehmen können. Über 100 Teilnehmer zeigten lebhaftes Interesse an dieser Fragestellung, als sie sich vom 5.-7. Februar auf Einladung des Ev. Missionswerkes

in Südwestdeutschland in der Ev. Akademie Arnoldshain einfanden. Die Veranstaltung, die dreisprachig stattfand, begann am ersten Tag mit Referaten aus deutscher Sicht. Herr Dr. Hans-Joachim Schmidt von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, machte darauf aufmerksam, dass sich Südkorea das Interesse Nordkoreas (DVRK) an wirtschaftlichen Reformen zum beiderseitigen Vorteil zu Nutze machen könne. Er sagte: „Die DVRK hat die Möglichkeit, deutlich billigere Arbeitskräfte als China in Sonderwirtschaftszonen zu bieten, wenn dafür die notwendige

Infrastruktur bereit gestellt wird. Auch am preiswerten Transit von Waren durch die DVRK kann das Land erheblich profitieren. Dabei bedarf es eines berechenbaren rechtlichen Rahmens, den Pyongyang begonnen hat, bereit zu stellen. Die DVRK hat hierbei den Vorteil, dass sowohl China als auch Südkorea das wirtschaftliche Entwicklungspotential sehen und ein Wettbewerb um den wirtschaftlichen Einfluss in Nordkorea entbrannt ist.“

Neuer Präsident in Südkorea Neue Politikausrichtung?

Während der drei Tage war die Unsicherheit angesichts des neuen südkoreanischen Präsidenten Lee und seiner konservativen Ausrichtung zu spüren. Der neue Präsident fordert einen innerkoreanischen Austausch im Sinne von Reziprozität ein. Allerdings ist aufgrund von wirtschaftlichen Vorteilen des Austausches für beide Seiten, eine pragmatischere Herangehensweise nicht von Vorne herein mit der Beendigung der Kooperation wenn auch vorwiegend aus ökonomischen Motivation heraus gleich zu setzen. Zudem stehen Wahlen in den USA an. Teilnehmer aus den USA bedauerten, dass die Politik von Präsident Bush jr. weder dem Interesse des eigenen Landes diene, noch für die Kirchen bei internationalen Beziehungen von Nutzen ist.

Über den wissenschaftlichen Blickwinkel hinaus

Anders als Tagungen, die rein wissenschaftliche oder ökonomische Fragestellungen diskutieren, fielen in diesem Rahmen Worte wie Versöhnung, Aussöhnung, Vergebung, Gottvertrauen und Friedensgebet. Den christlichen Trägern ist damit gelungen, was politischen und wirtschaftlichen Ausrichtern einer Tagung oftmals versagt blieb: das Zusammenführen von Vertretern aus Nord- und Südkorea, den USA und Deutschlands auf einem Podium. Die Meinungsvielfalt wirkte nicht kontraproduktiv, da alle Sprecher die friedliche Entwicklung und Prosperität Koreas mit dem Endziel der Wiedervereinigung anstrebten. Dies fand seinen Abschluss in einem gemeinsamen Gottesdienst mit Gesang, der von den beiden Pfarrern aus Pyongyang und Seoul gemeinsam geleitet wurde. Deutschlands Rat und Vermittlung waren hoch willkommen, doch die konkrete Annäherung und der Abbau von Misstrauen bleiben wohl Sache der Koreaner, die seit dem Zweiten Weltkrieg als Opfer und nicht als Täter die Teilung zu erdulden haben.

Aus: Asienhaus-Rundbrief 3/2008, Bericht Korea-Konferenz Arnoldshain, Februar 2008

Programm der Konferenz

Als pdf-Datei

 

Die Vorträge

Konferenzbericht von A. Niederdeppe
mit frdl. Erlaubnis des Verfassers