2012 Hofgeismar: Gemeinsame Meditation

Begegnungstagung in der Evang. Akademie Hofgeismar, 10.- 12. April 2012

Aus der Meditation zum Abschluss der Begegnungstagung in Hofgeismar
10. – 12. April 2012

„Ein Jahr nach der Katastrophe - Ein neuer Blick auf Japan"

Zwischen den einzelnen Lesungen gab es ganz unterschiedliche Musikstücke auf der Orgel.


Aus der Bibel: Philipper 2, 4-11 und 4, 4-7

Ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht:
Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein,
sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.
Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.
Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!
Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe!
Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.


Dr. Schwarz

Aus dem Anfang des Kojiki (um 712)
(nach der deutschen Fassung des Buches über japanische Literatur vom französischen Autor Revon)

Derzeit, da anhuben der Himmel und die Erde, so bildeten sich Gottwesen auf der Fläche des hohen Himmels. Ihre Namen alle waren:
Des Gottes: Herr hehren Himmels-Zentri,
Des Gottes: Hochhehrer Schöpfer
Des Gottes: Gott-Schöpfer.
Diese drei Gottwesen waren allesamt freigebildete Gottwesen. Doch sie verbargen ihre Gestalt. Danach schwamm die Erde, derweil sie noch jung war, wie Öl obenaufgeschwemmt, wie eine Qualle. Da sprossen aus dem aufschießenden Gesproß, so wie ein Rohr aufschießt, die neuen Götter. Ihre Namen beide waren:
Des Gottes: Zauber-Rohrsproß-Urfürst.
Des Gottes: Ewig-Gott-in-Himmelshöh.
Diese beiden Gottheiten, ebenfalls freigebildet, bargen gleicherweise ihre Gestalt Es sind aber all diese fünf Gottwesen geeinzelte Gottwesen.
....
Alsbald redeten zusammen all die himmlischen Gottwesen eine erhabene Rede zu den beiden Gottwesen Reiz des Mannes und Weibes Reiz.
Sie geboten ihnen:
Bereitet, verfestigt und lebendiget dort die Schwemmerde!
Dazu übergaben sie ihnen eine himmlische Prunk-Lanze.
Mit dem allen geruhten sie, Beiden dieses Werk zuzuweisen.
Also standen die beiden Gottwesen auf der Himmels-Schiffsbrücke.
Sie stachen mit der Prunk-Lanze nach unten, und im Hin-und Rückzug der Lanze,
Hin-und Rückzug des Sumpfwassers - Quirl Quirl -
da sie die Lanze wieder nach oben herausgezogen hatten,
fiel das Sumpfwasser zurück und häufte sich, wurde zur InseL
Das ist die Quirl-Insel (Onogoro).


Dr. Birgit Staemmler, Tübingen

A. aus lnabas Bericht:

Ein buddhistischer Priester der traditionellen J6do-Schule wurde gefragt, Wle er seine dreifache Rolle als Opfer und Helfer und Geistlicher sehe. Er antwortete: Nach dem Erdbeben, habe ich nur daran gedacht, die Arbeit vor meinen Augen irgendwie zu schaffen. Als nach 18 Tagen die Stra1Sen wieder frei waren, wurden immer mehr Urnen mit der Asche Verstorbener in den Tempel gebracht [...], wei! es sich herumgesprochen hatte, dass sie im Tempel aufbewahrt werden konnten [...]. Ich war nicht so sehr Geistlicher. Es war eher so, dass ich mich einfach fiir die Leute einsetzte, die mit ihren Problemen vor mir standen. Ich weine mit denen, die da sind und weinen, ich bete mit denen, die beten. Ich finde es wichtig, dass ich Tee mit den Menschen trinke, die in den Tempel kommen, ihre Geschichten hore und fiir sie da bin.  [Inaba-Bericht Oktober 20ll.pdf, S. 3f.]

B. von Honmon Butsuryushu:

Buddha lehrte uns, dass alles in der Welt vergänglich ist. ,Vergänglich' bedeutet, dass ein und derselbe Zustand, auch ein schlechter Zustand nicht immer fortbesteht. Es wäre schon, wenn die Hoffnung nicht vergessen würde. (Mai-Ausgabe 2011, Kommentar 5.1)


Dr. Georg Evers, Aachen

Leiden in Stellvertretung

Während meines Theologiestudiums an der Sophia Universität in Tokio in den 1960er Jahren ging ich regelmäßig in das Lepradorf, das etwa 20 km außerhalb auf dem Lande lag, um mit den katholischen Leprakranken, die alle blind und vielfach behindert waren, die Bibel zu lesen. An einen dieser Kranken kann ich mich gut erinnern, weil sein Zustand so bedauernswert war. Über ihn habe ich in einer Tagebuchnotiz vom 3. Juni 1965 festgehalten: "Heute die Kranken in der Krankenstation besucht. Hihara-San, der selber blind ist, sich aber auf der Krankenstation ‚blind' auskennt und genau weiß, wo in dem großen Krankensaal die Betten der katholischen Leprakranken sind, brachte mich zu einem alten Mann, der ebenfalls blind ist und schon lange an Nervenschmerzen leidet. Er ist wirklich arm dran. Vor Schmerzen zusammengekrümmt hockt er in seinem Bett. Der Speichel, den er nicht mehr kontrollieren kann, rinnt ihm aus dem zahnlosen Mund. Im Ganzen, ein Bild des Jammers und der Qual. Als Hihara-San ihn anspricht und mitteilt, dass er Besuch habe, richtet er sich auf und versucht, mit uns zu sprechen. Nur, wenn die Schmerzen zu groß werden, beugt er sich nieder, ohne allerdings zu jammern. 'Es tut weh' (itai, itai..) ist alles, was er sagt. Er selber beginnt von dem Sinn und der Bedeutung zu sprechen, die er in seinem Leiden sieht. Durch diese Schmerzen büßt er schon hier die Strafen für seine Sünden ab. Aber dieses Motiv ist nicht das vorherrschende. Das bestimmende Motiv ist ein apostolisches. ‚Durch meine Leiden verdiene ich anderen Menschen die Gnade der Bekehrung'. Ganz einfach sagt er dies so vor sich hin. In seinen Worten ist sicher kein Pathos. Und doch sagt er etwas ganz Großes. Sobald ich mit ihm über die Worte des Evangeliums vom Kreuztragen und der Nachfolge des Herrn spreche, ist er ganz Ohr. Irgendwie hungert er nach Dem Wort Gottes. Sein Leben lebt er trotz der großen Schwierigkeiten im Geist der Kirche. Pfingsten ist nahe und er wartet auf das Fest des Heiligen Geistes.


Renate Ebeling

Rose Ausländer

Kostbar der Herzschlag
jeder Minute
er schenkt mir
den Atem
und läßt mich
beginnen
auf's Neue

 

Pfr. H. Albruschat, Berlin

KITAYAMA Osamu,

Medizinstudent an der Kyoto-Universität, veröffentlichte sein »Gedicht vom Aufbruch« 1973. Es ist auch heute in Studentenkreisen weit bekannt. Aus: Japan 1, Hg. Heinz Kauber im Auftrag des EMS, 1977

Kein Ziel ist im Leben.
Nur ein Anfang.
Der größte Philosoph mag
den Menschen große Ziele setzen,
doch sagt ein Kind das kleine Wort warum?
zerbricht des großen Mannes Werk,
ist nur noch Abfall.

Der Ideologie gilt mein Hass; denn
immer wird sie
die gläubigen Menschen betrügen.

Kein Ziel ist im Leben;
die Menschen haben nur die Wahl, zu weinen
und mit Lachen zu betrügen.

Nicht: du gehst selbst –
wirst du nicht gestoßen?
Nicht: du bewegst die Dinge –
du wirst doch selbst bewegt?
Und deine Angst wird immer größer.

Jenseits der Berge
ist kein Glück, fand der Dichter
und weinte.
Ich aber will lachend gehen.
Dies nur
heißt für mich leben.
Ohne Ziel, doch
lachend und
einfach und frei
will ich gehen.
Einfach und frei – will ich gehen.

Sicher,
etwas
werden wir sehen!



Lutz Drescher, Stuttgart:

Joseph von Eichendorff

Das kranke Kind

Die Gegend lag so helle,
Die Sonne schien so warm,
Es sonnt sich auf der Schwelle
Ein Kindlein krank und arm.

Geputzt zum Sonntag heute
Ziehn sie das Tal entlang,
Das Kind grüßt alle Leute,
Doch niemand sagt ihm Dank.

Viel Kinder jauchzen ferne,
So schön ist's auf der Welt!
Ging' auch spazieren gerne,
Doch müde stürzt's im Feld.

"Ach Vater, liebe Mutter,
Helft mir in meiner Not! -"
Du armes Kind! die ruhen
Ja unterm Grase tot.

Und so im Gras alleine
Das kranke Kindlein blieb,
Frug keiner, was es weine,
Hat jeder seins nur lieb.

Die Abendglocken klangen
Schon durch die stille Welt,
Die Engel Gottes sangen
Und gingen übers Feld.

Und als die Nacht gekommen
Und alles das Kind verließ,
Sie haben's mitgenommen,
Nun spielt's im Paradies.

 

 

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