Cheju-do – „Insel des Friedens?“

Festnahmen und Räumung eines Protestcamps auf der „Insel des Friedens“, Jeju-do

5. September 2011

Gisela Köllner

Klein und idyllisch ist die Vulkaninsel Jeju-do im Süden Koreas. Touristen (auch unsere Leichtathletiksportler, die sich hier im August 2011 auf die Weltmeisterschaft vorbereitet haben) ahnen nicht, dass die Menschen hier in der Vergangenheit Besatzung und Massaker erlebt haben – und am 3. September 2011 wieder einmal Protestierende festgenommen wurden. „Insel des Friedens“ nannte Präsident ROH Moo-Hyun Jeju-do, als in den 90er Jahren eine Wahrheitskommission über die Geschichte der Insel Bericht erstattete. Doch der Wunsch, den dieser Name ausdrückt, scheint nicht in Erfüllung zu gehen.

2002 wurden Pläne bekannt, nach denen eine Militärbasis der koreanischen Marine für mehr als 20 Kriegsschiffe auf der Insel errichtet werden soll, natürlich auch zur Nutzung durch die US-Armee, die seit 1945 im Land stationiert ist. Die Bevölkerung wurde in die Vorbereitungen kaum einbezogen. Und auch nachdem bekannt wurde, dass das Dorf Gangjeong inmitten eines Touristengebiets und einem geplanten Naturschutzgebiet der Bauort werden sollte, wurde das Thema in der nationalen wie in der internationalen Presse kaum aufgegriffen. Dabei liegt Jeju-do strategisch günstig zur Kontrolle aller Haupthäfen und Großstädte Chinas. Kritiker des Projekts fürchten neben ökologischen Folgen eine massive Aufrüstung in Ostasien und eine Gefährdung des Friedens.

Nach einer katholischen Protestweihnachtsfeier rollten am 27.12.2010 die ersten Baufahrzeuge an. Seitdem halten Kritiker aus ganz Korea Wachen auf der Baustelle, wurden viele von ihnen festgenommen, manche wurden verwundet, manche gingen für bis zu 60 Tage in den Hungerstreik. Sehr langsam stellt sich internationale Aufmerksamkeit ein, aber immer noch viel zu wenig. Während Stuttgart 21 fast überall auf der Welt bekannt ist, kennt kaum jemand Jeju-do.

Im August 2011 wurden mehrere Hundertschaften der koreanischen Polizei nach Gangjeong verlegt. Am 2. September begann die Räumung des Friedenscamps der Aktivisten und wurde ein für das nachfolgende Wochenende geplantes Friedensfestival verhindert. 36 Aktive sind im Gefängnis und das Baugelände wurde durch einen 1,6 km langen Stahlzaun gegen Zutritt komplett abgesichert. Obwohl Mitglieder des Inselrates angemahnt haben, das Mitbestimmungsrecht der Bevölkerung zu respektieren, scheint die aktuelle konservative Regierung in Seoul den Bau um jeden Preis ausführen zu wollen.

Die Freunde in Korea bitten um Bekanntmachung der Fakten, nur durch internationale Öffentlichkeit sehen sie eine Chance, die absehbare Aufrüstung in Ostasien zu stoppen und den Traum von der „Insel des Friedens“ doch noch Realität werden zu lassen.

Aktuelle Infos in englischer Sprache gibt es derzeit täglich hier:
http://savejejuisland.org/Save_Jeju_Island/Welcome.html
Infos in deutscher Sprache gibt es hier: http://bit.ly/jeju-proteste

Gisela Köllner ist Mitarbeiterin im Ostasienreferat des Ev. Missionswerks in Südwestdeutschland.

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