Atommacht und Hungerland: In Nordkorea besteht die Mauer fort

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Hilfen für Nordkorea

"Viele Kinder in Nordkorea sind unterernährt"
(Deutsche Welthungerhilfe

 

 

Kristin Kupfer

Atommacht und Hungerland: In Nordkorea besteht die Mauer fort

9.11.2009

20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer bleibt Korea durch einen starken eisernen Vorhang geteilt. Der kommunistisch regierte Norden ist abgeschottet. Nach außen hin präsentiert sich das Regime in Pjöngjang als starke und kämpferische Nation. Im Land selber hungern die Menschen.

Mit einem Lächeln stellt die Kellnerin im nordkoreanischen Grill-Restaurant Unban in Peking geräucherte Makrelen auf den Tisch. Der Fisch kommt aus Pjöngjang, wie auch alle Meeresfrüchte, sagt die junge Frau in grauem Rock und weißen Stöckelschuhen: Das ist unsere Spezialität. Nordkorea ist ein Land mit zwei Gesichtern. Das Regime exportiert Fisch, obwohl viele Menschen hungern.

Nach außen hin präsentiert sich das Regime in Pjöngjang als starke und kämpferische Nation, gemäß der Ideologie der Autarkie (Juche). Die offizielle Internetplattform verkündet, in manchen Branchen sei der Wirtschaftsplan um bis zu 80 Prozent übererfüllt worden. Zudem gebe es kollektive Innovationen im revolutionären Geist.

Staats- und Parteichef Kim Jong Il drohte jüngst mit weiteren Atomtests, falls sich die USA nicht zu direkten Gesprächen bereit erklären. Am Mittwoch willigte Washington schließlich in zwei bilaterale Verhandlungsrunden über Nordkoreas Nuklearprogramm ein. Der Punktsieg des Regimes kann die maroden Zustände im Land aber nicht verdecken: Nach Einschätzung des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen ist ein Drittel der 24 Millionen Nordkoreaner unterernährt.

Die Volksrepublik China ist der engste Verbündete Nordkoreas. Im nordkoreanischen Grill-Restaurant in Peking sieht man Männer in schwarz-grauer Kleidung, die hastig essen, leise reden und viel rauchen. Dann verlassen sie die Gaststätte in Richtung nordkoreanischer Botschaft um die Ecke. Dort hängen im Schaukasten Fotos des lieben Führers Kim Jong Il mit Sonnenbrille. Auf einem Bild reicht ihm ein Bauer einen Getreidehalm.

Nahrungsmittel- und Erdöllieferungen vom sozialistischen Bruderland China sind für Nordkorea existenzwichtig. Trotz des Anspruchs auf Autarkie kann sich das Land nicht selbst versorgen. Das liegt laut Lena Savelli, der WFP-Sprecherin für Nordkorea in Peking, an Missernten infolge von Hochwasser und des Mangels an Dünger. Die Folgen: Die jahrelange Lücke in der Nahrungsversorgung hat zu einem Teufelskreis geführt, sagt Savelli dem epd. Schlecht ernährte Frauen bringen mangelernährte Kinder zur Welt.

Rund 37 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind unterernährt.
Deshalb lässt die UN-Organisation in 13 Fabriken in Nordkorea besonders nahrhafte Breimischungen und Kekse für Schwangere und Kinder herstellen. Aber die Staatengemeinschaft ist mit den Jahren immer weniger bereit, Hungerhilfe für Nordkorea zu finanzieren. Aufgrund mangelnder finanzieller Zuweisungen konnten wir nur rund zwei Millionen Menschen von den geplanten 6,2 Millionen versorgen, sagt Savelli.

Auch Pjöngjang selbst bat Südkorea um Hilfe - als Gegenleistung für eine humanitäre Geste: Wieder einmal wurden vor kurzem Treffen von Angehörigen von Familien erlaubt, die seit dem Koreakrieg
(1950-1953) getrennt sind. Südkorea will über das Rote Kreuz 10.000 Tonnen Mais, Milchpulver und Medikamente im Wert von 3,5 Millionen US-Dollar in den Norden liefern. Es ist die erste Sendung seit zwei Jahren, und sie fällt viel geringer aus als frühere Hilfen.

Eine Studie der Deutschen Welthungerhilfe und der Welternährungsorganisation vom Oktober 2008 ergab, dass drei Viertel der Befragten nur noch zweimal am Tag essen. Für eine dritte Mahlzeit reicht es nicht mehr. Proteinhaltige und fettreiche Lebensmittel fehlen auf dem Speisezettel fast völlig.

Wie sehr Nordkorea von Hilfe abhängig ist, zeigten bisher die  Handelsstatistiken mit China, bis Peking sie vor zwei Monaten wegen technischer Fehler einstellte. Nach dem ersten Atomtest Nordkoreas im Oktober 2006 hatte Peking nach eigenen Statistiken die Öllieferungen vorübergehend abgesagt. Auch China beobachtet das Nuklearprogramm mit Sorge.

Die Konfliktforscher der Internationalen Crisis Group halten aber für die oberste Priorität Pekings nicht das Ende des atomaren Abenteuers, sondern den Erhalt eines stabilen Regimes in Nordkorea. Bei einem Kollaps der Militärdiktatur in Pjöngjang befürchtet China nicht nur Flüchtlingsströme, sondern auch ein wiedervereinigtes Korea unter dem Einfluss des Westens und besonders der USA. Schon jetzt kommen ständig nordkoreanische Hungerflüchtlinge nach China.
(Kristin Kupfer / epd)

Quelle:http://www.domradio.de/aktuell/58372/atommacht-und-hungerland.html



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Nordkorea

Quelle: wikitravel.org/de/Nordkorea