Meditation: 1. Petrus 5,7

08.09.2013

 

Evangelischen Gottesdienst mit Abendmahl
am Sonntag den 08.09.2013,  um 10.00 Uhr
in der Deutschen Botschaft Peking

 

Der biblische Wochenspruch zum 15. Sonntag nach Trinitatis

Alle eure Sorge werft auf ihn, denn er sorgt für euch.
1. Petrus 5, 7

 

 

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Brüder und Schwestern,

Religionsunterricht
zur Zeit – das ist nicht immer so - unterrichte ich mit viel Begeisterung und Freude Religion an der Deutschen Botschaftsschule. Das liegt sicher auch an meinen Schülern, die lebendig und aufgeweckt sind, gerne Fragen stellen und auch die Antworten dazu gerne hören oder sich mit mir auf die Suche nach Antworten machen.

Philosophische Begriffsreise
Im Unterrichtsbuch tauchte kürzlich der Begriff „Philosophie“ auf. Wie gut, dass wir deutschen Pfarrer durch die Mühle der Ausbildung in den klassischen Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch müssen. Das erleichtert uns das Erschließen der Bedeutung von Fremdworten. So konnte ich meinen Schülern sagen, dass Philosophie, wörtlich genommen, die „Liebe zur Weisheit“ oder die „Liebe zum (Nach)Denken“ ist. Auf meine Frage, was denn dann das Wort Philosoph bedeute, antwortete einer meiner Schüler: „Denkmaschine.“ Auch nicht schlecht. Ein bisschen muss man mit der Zeit gehen, und deshalb sind auch für mich Philosophen jetzt Denkmaschinen. Da könnte Hollywood glatt ein action movie draus machen, z.B. mit dem Titel: „Der Krieg der Denkmaschinen - Immanuel Kant und seine Gegner“.

Eine Denkmaschine und die Sorge
Eine bekannte deutsche Denkmaschine der Neuzeit ist Martin Heidegger (1889-1976). Sein erstes und wichtigstes Buch erschien 1927 (… auch schon fast 90 Jahre her…) und trägt den Titel „Sein und Zeit“. Heidegger spricht davon, dass der Mensch vom „In-der-Welt-sein“ gekennzeichnet sei, von Zeitlichkeit und Geschichte. Ganz wesentlich gehört für Heidegger die „Sorge“ (lat. cura) dazu, und er beleuchtet den Begriff von verschiedenen Seiten. U.a. sagt er, dass der Mensch ständig mit dem „sich-vorweg-sein“ beschäftigt sei. Das bedeutet: Charakteristisch für den sich sorgenden und/oder den fürsorgenden Menschen ist es, dass er sich überlegt, wie er sicher in der Zukunft leben kann. Dazu begibt er sich so zu sagen aus sich heraus, entwirft eine Zukunftssituation und verhält sich dann in der Gegenwart entsprechend dieser vorweggenommenen Situation. Ob diese (z.B. eine drohende Armut, Krieg, politische Unruhen, eine Naturkatastrophe… oder ein Drama im privaten Leben…. ) allerdings eintritt, weiß der Mensch nicht. Dazu kann man durchaus und viel philosophieren. Auch darüber, was es bedeutet, wenn die Sorge dazu führt, dass man eigentlich gar nicht mehr so richtig im Jetzt lebt, dieses Jetzt willkommen heißt, gestaltet und genießt.

Sorge gezielt abwerfen – und dabei weit ausholen
Im 1. Petrusbrief – verfasst etwa 1800 Jahre vor Heideggers „Sein und Zeit“ - wird uns empfohlen: Alle eure Sorge werft auf ihn. Also: Vertrau Dich, mit deiner Sorge um dich selbst oder um andere, Gott an. Vertrau dich ihm an auch mit deiner liebenden Fürsorge, die du anderen gegenüber lebst. … denn er sorgt für euch.

Gott ist der fundamentale Sorger, Besorger und Fürsorger.
Im Englischen lässt sich mit dem lateinischen Sorge-Wortfeld (= cura) sehr schön und fast spielerisch arbeiten: God is the true curator. Let him be the cure for what has harmed you.

Und wenn Sie morgens wach werden und am liebsten singen würden: “Guten Morgen, liebe Sorgen, seid ihr auch schon alle da?“, dann holen Sie innerlich einfach weeeeit aus (den inneren Vorgang kann man mit einer Bewegung der Arme unterstützen) und werfen Sie sie gezielt ab, die Sorge, auf Gott.

Und dann schauen Sie mal, was passiert.

Herzliche Grüße, Ihr  Pfarrer Karl-Heinz Schell

Meditation

(Paul Weismantel, TeDeum 2013/09)

Aufbrechen zum Licht,
um mehr auf das zu achten und mehr dem Raum zu geben,
was mein Herz aufatmen und aufblühen lässt.

Aufbrechen zum Licht,
um mein Augenmerk mehr auf das zu richten und nach dem auszurichten,
was mich beseelt und wachsen lässt.

Aufbrechen zum Licht,
um mehr über das nachzusinnen und von dem zu sprechen,
was mich beflügelt und aufleben lässt.

Aufbrechen zum Licht,
um bereit und empfänglich zu werden für den unsichtbaren Gott,
der uns in menschlicher Gestalt täglich neu begegnen will.

 

Prayer

(adapted from Sinfonia Oecumenica)

Inhale deeply, and exhale;
breathe the oxygen of confidence, and say:

Today I rise through the power of God
which guides me:
May the power of God keep me upright,
may the wisdom of God guide me,
may the eye of God look out for me,
may the ear of God listen on my behalf,
may the word of God speak out for me,
may the hand of God protect me,
may the way of God open up in front of me.
May his shield protect me
against the traps of evil,
against the temptations of spirit and body,
against all who want to harm me.
Amen.

Inhale deeply, and exhale;
breathe the oxygen of God’s presence, and be free.

 

 

 

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