Das geteilte Land - KOREA

Werning: Feindbildproduktion auf Hochtouren

Nord- und Südkorea, 2013

 

Feinbildpproduktion auf Hochtouren
Rainer Werning

„Wir Koreaner waren gezwungen, die längste Zeit des Lebens auf rauchenden Kanonenrohren unseren Reis zu kochen.“ Diesen Satz äußerte Hwang Sok-Yong, Südkoreas bedeutendster zeitgenössischer Autor, zur Situation der Menschen in einem zweigeteilten Land

Nun also rauchen sie wieder, die Kanonenrohre. Als Partitur dient eine Feindbildproduktion mit martialischen Zügen. Demnach ist Nordkorea der letzte stalinistische Gulag-Staat, kommandiert von einem pausbäckigen Politlümmel, der seine Allmachtsphantasien ungestraft auslebt. US-Präsident George W. Bush bezeichnete den am 17. Dezember 2011 verstorbenen Kim Jong-Il, den Vater des jetzigen Staatsund Parteichefs Kim Jong-Un, als „Pygmäen“ und seit Anfang 2002 (neben Irak und Iran) als dritten Sachwalter einer „Achse des Bösen“. Pjöngjangs Propaganda hielt stramm dagegen: Die USA seien „eine Nation von Kannibalen“, „von moralischer Lepra befallen“ und man werde sie in „einem Flammenmeer ersticken“.

Größtmögliche Abschreckung

Im März 2013 jährte sich zum zehnten Mal der Einmarsch von US-befehligten Truppen in den Irak. 2003 kommentierte die politische Führung in Pjöngjang auf ihre Art: „Der trotz des Widerstandes der internationalen Gemeinschaft geführte Krieg in Irak hat gelehrt, dass eine Nation über eine angemessene militärische Stärke verfügen sollte, um ihre Souveränität zu verteidigen.“ Pjöngjang beharrt „auf dem Recht, ein größtmögliches Abschreckungspotenzial zum Selbstschutz zu unterhalten“. Dieses reklamierte es erst recht während der diesjährigen südkoreanisch-amerikanischen Großmanöver. Modernste Zerstörer der US-Marine und Tarnkappenbomber der US-Luftwaffe demonstrierten militärische Stärke, weckten aber auch Erinnerungen an den Koreakrieg (1950-53). Damals hatten B-29-Geschwader das Land buchstäblich geplättet und erstmalig Napalm eingesetzt.

Kein Friedensvertrag

Die Logik der Machthaber in Pjöngjang ist ebenso berechenbar wie systemimmanent: Wenn wir schon nicht international als Freund geachtet sind, wollen wir wenigstens als ebenbürtiger Feind geächtet werden, um auf Augenhöhe Direktverhandlungen mit den USA zu führen. Worüber? Ein Vermächtnis des Koreakrieges mit mehr als 4,6 Millionen Toten ist ein im Grenzort Panmunjom am 27. Juli 1953 ausgehandeltes Waffenstillstandsabkommen. Unterzeichnet wurde dies lediglich von der Volksrepublik China, Nordkorea und einem US-General im Auftrag der Vereinten Nationen. Südkoreas Präsident Rhee Syngman verweigerte die Unterschrift und wollte den Krieg unbedingt fortsetzen. 60 Jahre nach Kriegsende, eine in Ostasien symbolträchtige Zahl, besteht ein Kalkül Pjöngjangs darin, mit allen Mitteln darauf hinzuwirken, dieses Abkommen in einen Friedensvertrag inklusive Sicherheitsgarantien zu überführen.


Der promovierte Politikwissenschaftler Rainer Werning ist Koautor des 2012 im Wiener Promedia Verlag erschienenen Buches „Korea: Von der Kolonie zum geteilten Land“

www.inasien.de, 03/2013

Mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers

 

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