16. Mai 2013

15. - 21. Mai 2013. Als Gäste der Jumin-Gemeinde in Songnam.

Kiyoko und ich erhalten eine Einladung der Jumin-Gemeinde.
Auch eine Delegation aus Weingarten ist dabei, wenn die Gemeinde ihr 40jähriges Jubiläum feiert. Wir fliegen gemeinsam. Ankunft in Incheon am 16.5. gegen 11:30 Uhr.

Wir treffen u.a. Pfrin CHUNG Najin, die zweite Geistliche in der Jumin-Gemeinde - neben Pfr. KIM Jin. Pfr. KIM hat in Deutschland Theologie studiert (vor 15 Jahren in Frankfurt promoviert) und spricht daher ganz gut Deutsch. Ich traf ihn 2010 am Tag vor seiner Abreise nach Weingarten mit einer Gruppe der Jumin-Gemeinde. Nun hören wir, dass er gekündigt hat. Begründung: "Eine besondere Identität der Jumin-Gemeinde ist nicht nötig, eine 'Identität als Christ' reicht aus. Sie allein ist wichtig."

Die Fahrt mit Pfrin CHUN ist angenehm, weil sie ein sehr gutes Deutsch spricht - und uns über die Programme rund ums Jubiläum aufklärt.

Transfer nach Songnam. Bezug unserer Zimmer im Neubau der Kirche.

 

Da sind wir also, in dieser Millionenstadt vor den Toren von Seoul. Fünf solcher Städte soll es geben. Die Jumin-Gemeinde, die uns beide eingeladen hat, feiert am kommenden Wochenende ihr 40jähringes Bestehen. In Frankfurt sind wir zusammen mit 5 Gemeindegliedern aus Weingarten in den Linienflug der Lufthansa direkt nach Seoul geflogen. Die Kirchengemeinde Weingarten ist Partner der Jumin-Gemeinde in Songnam. Sie gehört zu den sog. Minjung-Gemeinden. Alle zwei Jahre treffen sich Älteste und Gemeindeglieder, einmal in Weingarten, das andere Mal in Songnam. Alle fünf aus Weingarten waren bisher schon mehr als ein Mal hier, man kennt sich, man schreibt sich, man mag sich gegenseitig und man folgt einer Einladung, überhaupt wenn sie so hochoffiziell ist wie dieses Mal. Der Kirchengemeinderat hat für diese Reise sogar 500,00 EURO pro Person locker gemacht, wofür wir und die Gastgeber in Songnam dankbar sind.

Etwa 10 Stunden Flug sind eine lange Zeit – besonders wenn es bei den einen zu kalt ist, bei den andern zu warm. Wir hoffen, dass die LH auf dem Rückflug dieses Temperaturproblem besser im Griff hat. Jedenfalls haben die meisten schlecht, mancher gar nicht geschlafen. Kiyoko und ich saßen etwas abseits von der Weingartener Gruppe und wir waren diejenigen, denen es streckenweise zu warm wurde. Kiyoko hat gut geschlafen: unser Hausarzt hatte ein hilfreiches Schlafmittel verschrieben und Kiyoko hatte diese kleine Tablette dann auch zu Beginn der Reise eingenommen. Bald nach dem Abendessen, also etwa auf der Höhe von Ostpreußen, hat sie dann auch gut geschlafen – trotz des interessanten Films, den sie sich ansehen wollte. Ich habe selber kein Problem, kann immer schlafen, aber in dieser Nacht habe ich mir vorgenommen, Richard Wagners Walküre, dirigiert von Mehta, anzuhören. Wagner gehört nicht zu meinen Lieblingskomponisten, obwohl es einige eindrucksvolle Stücke und unvergessliche Melodien gibt. Aber diese Nacht war nun die einmalige Gelegenheit, die Walküre ohne Unterbrechung zu hören. Es war streckenweise anstrengend, aber auch 4 Stunden und 30 Minuten gehen irgendwann zu Ende. Und so habe ich vor und nach der Walküre eine Schlafpause eingelegt. 1½ Stunden später landeten wir sicher auf dem Flughafen von Seoul, in Incheon.

Gepäck abholen, Geldwechsel bei der Hanabank und schon werden wir von den Gastgebern mit großem Hallo empfangen. Pfarrerin CHUNG Najin und der Bankdirektor der Gemeinde standen mit ihren Helfern bereit, verstauten unser Gepäck und uns in zwei kleinen 7-Sitzer-Bussen und abging die Fahrt. Etwa zwei Stunden bis in den Südosten von Seoul. Angekommen in Songnam werden wir zu einem Restaurant mit gesunder Biokost gebracht: unendlich viele Gänge, vor allem Kimchi, manches scharf, anderes in Essig eingelegt, wieder anderes in schärfster Pfeffersoße zubereitet. Nach dem Essen ein gemütlicher Spaziergang in einem beliebten Park in der Nähe: „The Book Theme Park“, neben Sportmöglichkeiten viele Skulpturen – ein paar Gruppen älterer Kindergartenkinder in Uniform, denen diese Ausländer ein willkommener Anlass sind, spontan und vorschriftsmäßig zu grüßen. Danach endlich zur neuen Kirche, derentwegen wir auf diese Reise gegangen sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich war vielleicht seit 6 Jahren nicht mehr in der Gemeinde gewesen. Vor drei Jahren hat sie ihren Gottesdienst in einem Erholungsgebiet weit auß0erhalob der Stadt gefeiert. Damals hatte ich noch meine Probleme mit der rechten Hüfte, LEE Solla, jüngste Tochter von LEE Hae Hak hat mich übersetzt. Vom Stadtkern, wo Rathaus und Minjung-Kirche ganz nahe beieinander stehen, habe ich nichts gesehen. Und so erkenne ich die Stadt erst wieder, als wir von der Hauptstrasse abbiegen in Richtung Rathaus. Aber das große Rathaus, wo wir, eine der ersten Delegationen aus Weingarten,  vor 20 Jahren vom Oberbürgermeister der aufstrebenden Stadt empfangen worden waren, wo auch der Posaunenchor aus Weingarten später ein Konzert gegeben hat, steht nicht mehr. In dieser großen Baulücke wird in den kommenden Jahren ein Krankenhaus errichtet werden. Und die Kirche? Auch sie ist nicht mehr. An ihrer Stelle finden wir ein modernes, 12stöckiges Hochhaus. Die Migranten, die wir hier in all den Jahren auch besucht haben, wurden in ein anderes Haus verlegt, zusammen mit den vielen Urnen derer, die auf Arbeit in diesem ihnen fremden Land gestorben sind und die (noch) nicht in ihre Heimat gebracht werden konnten. Auch die Genossenschaftsbank der Gemeinde hat ihr Haus verlegt bzw. hat ein anderes Gebäude direkt an der Hauptstraße gekauft. Zwei Jahre dauerte die Errichtung des Kirchen-Gebäudes, zwei Jahre, in denen die Gemeinde ihren Gottesdienst in der Bank feiern konnte. Aber das neue Gebäude nimmt mir fast den Atem: wo vorher viel Raum um das Gebäude gewesen war, ist jetzt der ganze Raum umbaut. Dicht an dicht an allen Seiten steht jetzt das Gebäude: Wo früher eine breite Treppe an der Kirche und ihrem Hof vorbei in Richtung Rathaus führte, ist jetzt nur noch ein enger Treppenaufgang, wo früher eine breite Treppe dann zum Eingang der Kirche führte, steigt man jetzt wieder hinunter in den Gottesdienstraum – der Handlauf für die älteren Gottesdienstbesucher fehlt noch. Früher gab es immer Probleme mit dem Parken entweder auf der schmalen Strasse oder im Parkdeck des Nachbarhauses. Am besten war es, ohne Auto zur Kirche zu kommen. Jetzt stehen wir plötzlich vor zwei Parkdecks im eigenen Haus der Kirchengemeinde. Die Parkdecks sind voll, freilich mit den Fahrzeugen der Handwerker, die überall noch fleißig bei der Arbeit sind. Aber auch am Abend sind die beiden Parkdecks noch voll.

Die alte Kirche (es war die dritte oder vierte schon in der 40jährigen Geschichte) hatte noch ein Kreuz auf dem Dach, zeigte sich u.a. als Kirche in einer sich immer weiter entwickelnden Stadt, Wohlstand und Armut nebeneinander. Mit dem Neubau ist sie angekommen, hat allen Raum in Beschlag genommen, ist auf den ersten Blick nicht mehr Fremdkörper in ihrer Stadt. Wir werden zu unsern Zimmern gebracht: kleine Gästewohnungen mit der gesamten Einrichtung zum Leben, kleine Küchenzeile, geräumige Dusche, Stauraum für die Koffer, Air Conditioner. Die Futons sind schon ausgebreitet, das heiße Wasser kommt aus dem Hahn am Waschbecken, Steckdosen ohne Ende, dabei auch die Anschlussbox für einen Fernseher und für das künftige Telefon. WLAN fehlt noch. Also keine Möglichkeit, die inzwischen eingetroffenen Emails zu lesen und zu sortieren. Sie zu beantworten fehlt bei dem für uns ausgearbeiteten Programm auch die Zeit...

Eine Führung durchs Haus vom Keller bis zum Dachgarten läßt uns ahnen, was es eine so kleine Gemeinde (etwa 200 Mitglieder) gekostet haben mag, sich für so etwas zu entscheiden, dann zu planen und natürlich auch zu finanzieren. Am Ende der Tage werden wir eine Darstellung als Powerpoint-Präsentation erhalten. Sie soll ins Deutsche übersetzt und dann auch auf der Homepage studiert werden können.

 >  zum nächsten Tag

>  siehe auch "40jähriges Jubiläum der Jumin-Gemeinde"